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Gesellschaft & Wissen
„Mein Infizierter“
Aus ff 12 vom Donnerstag, den 19. März 2020
Weil ich Paul Köllensperger die Hand geschüttelt und mit ihm ein kurzes Gespräch geführt hatte, musste ich in Quarantäne.
So schnell kann’s gehen: Gestern noch bei der Arbeit, Redaktionsschluss, hektische Telefonate, schnelles Schreiben, letzte Korrekturen – heute zu Hause. Die Sonne scheint durchs Fenster, draußen ist es warm. Wenn man drinnen bleiben muss, ist der blaue Himmel eher eine Qual.
Aber ich will mich nicht beklagen. Ich habe keine Symptome, kein Husten, kein Fieber, nicht einmal Halsschmerzen. Die freundliche Ärztin am Telefon meinte, ich sei „höchstwahrscheinlich“ nicht mit dem Virus infiziert. Aber man könne nie wissen. Daher muss ich nun zu Hause bleiben. 14 Tage ab dem Tag, an dem ich „meinen“ Infizierten getroffen habe.
„Mein Infizierter“, das ist Paul Köllensperger, Landtagsabgeordneter Team K. Er gab am Dienstagabend vergangener Woche über Facebook bekannt, mit Sars-Cov-2 infiziert zu sein. Nachdem er leichtes Fieber hatte, auch Hals- und Kopfschmerzen, habe er sich einem Test unterzogen – und der sei leider positiv ausgefallen. Nun müsse er 14 Tage zu Hause bleiben, das werde ihm nicht leicht fallen. „Aber“, sagte er und zitierte seinen rosaroten Namenskollegen Paulchen Panther, heute sei nicht alle Tage, „ich komm’ wieder, keine Frage“.
Paul Köllensperger hatte am Freitag, 28. Februar, eine Presse-konferenz am Sitz des Team K in Bozen abgehalten, es ging um die Themen der bevorstehenden Landtagswoche. Ich ging hin, um mit ihm und Maria Rieder über die Gemeindewahlen zu reden (ff 10/20: „Leichter Verzicht“).
Ein persönliches Gespräch ist doch etwas anderes als ein Telefonat. Das Gespräch mit Paul Köllensperger begann mit einem Händedruck, dauerte etwa fünf Minuten und endete abrupt – weil sich das Team K doch noch entschloss, eine Pressekonferenz abzuhalten, obwohl neben mir nur wenige weitere Kollegen da waren.
Elf Tage später, am Dienstagabend, kommt mir dieses Gespräch wieder in den Sinn. Köllensperger sagt in seiner Videobotschaft, er habe eine Liste mit 100 Leuten zusammengestellt und dem Sanitätsbetrieb übergeben. Bin ich da drauf?
Ich kontaktiere ihn. Er fragt zurück, wann wir uns das letzte Mal gesehen hätten. Ich antworte, vor elf Tagen, bei der Pressekonferenz. Er meint, damit falle das Gespräch gerade noch in die 14-Tage-Frist; doch es sei kein längerer Kontakt gewesen, daher halte er eine Übertragung des Virus für eher unwahrscheinlich.
Das beruhigt mich halbwegs. Mir fällt ein, dass ich in den vergangenen Tagen keine Beschwerden hatte. Trotzdem rufe ich am Mittwochmorgen – also am nächsten Tag – nach dem Frühstück die Grüne Nummer an: 800-751751.
Niemand nimmt ab.
Erst nach weiteren zwölf Versuchen und fünfundzwanzig Minuten meldet sich eine Stimme: „Ja, bitte?“ Ich erkläre kurz die Lage, die Frau notiert sich meinen Namen und die Telefonnummer und sagt, ich würde gegebenenfalls kontaktiert.
Acht Minuten später ruft mich eine Ärztin des Corona-krisenstabs an. Ich erzähle ihr noch einmal die Geschichte mit der Pressekonferenz vor mittlerweile zwölf Tagen, sie hört aufmerksam zu und verordnet mir eine 14-tägige Quarantäne. Und zwar ab dem Zeitpunkt des Kontakts mit dem nun Infizierten.
Das bedeutet konkret: Ich muss bis Freitagmittag vergangener Woche zu Hause bleiben. Nach Möglichkeit in einem eigenen Zimmer schlafen, dort auch essen, ein eigenes Klo benutzen, stets die Hände waschen, Körperkontakt zu Frau und Kindern ist untersagt.
Fünfhundert weiteren Südtirolern geht es zu diesem Zeitpunkt nicht anders. Und nun sitze ich hier und schreibe das auf. Für die ff-Ausgabe, die Sie nun in den Händen halten.
Vorausgesetzt, die Postbediensteten müssen bis dahin nicht auch zu Hause bleiben.
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