Wird mit der Digitalisierung der Bürokratie alles leichter? Oder gar schwerer? Titelgeschichte in ff 8/20
Kultur
„Sind da, wenn die Leute wieder kommen dürfen“
Aus ff 11 vom Donnerstag, den 12. März 2020
THEATER – DAS LEBEN MIT DEM VIRUS:
(gm) Die Vereinigten Bühnen Bozen (VBB) müssen, wie alle anderen Theater oder Kinos und Museen in Italien, bis zum 3. April schließen. Die VBB sind neben dem Teatro Stabile und dem Haydn-Orchester im Bozner Stadttheater untergebracht. Das Stabile kann nicht auf Tournee gehen, die Haydn-Stiftung muss die Opernsaison beenden, die VBB alle Vorstellungen aussetzen. Was das bedeutet, erklärt Indendantin Irene
Girkinger.
ff: Krise, große Krise? Bei Ihnen im Haus, im Bozner Stadttheater, folgt eine Sitzung auf die nächste.
Irene Girkinger: Bitte schreiben Sie keine Krise herbei. Wir arbeiten weiter, auch wenn alle Aufführungen bis 3. April abgesetzt sind. Das trifft uns, damit ist ein wichtiger Teil des öffentlichen Lebens und unsere Kerntätigkeit eingeschränkt. Wir versuchen, für alle entfallenen Vorstellungen Ersatztermine zu finden, für „#Together – Un litro di Gewürztraminer“, „Christoph Kolumbus“ und die Oper „Toteis“, unsere –Koproduktion mit der Haydn-Stiftung und der Neuen Oper Wien – dafür haben wir schon einen Ersatztermin, den 5. September.
Aber was heißt das für Proben und Bewegungen?
Es gibt halt keine Reisebewegungen, die Proben für das Musical mit Giorgio -Moroder können, hoffentlich, wie geplant am 6. April beginnen. „Christoph Kolumbus“ ist eine Koproduktion mit dem Landestheater Niederösterreich in St. Pölten, da wird gerade geprobt. Die Proben können wir jetzt nicht mehr begleiten. Wir reisen nicht – im Sinne der Eigenverantwortung.
Wie groß ist der wirtschaftliche Schaden?
Wie hoch er genau ist, ist im Moment nicht abzusehen, weil wir noch nicht wissen, wie viele Aufführungen wir wann nachholen können. Natürlich bedeutet eine Absage immer einen Verlust an Einnahmen und eine finanzielle Anspannung.
Warum verlegen Sie die Vorstellungen nicht ins Netz?
Wir haben hier niemanden im Moment, der spielt und spielen wollen würde, es sollen ja Menschenansammlungen vermieden werden und auch eine Aufführung auf der Bühne ist eine solche. Das Haydn-Orchester hat die Möglichkeit, ein Konzert im Radio zu übertragen, aus diesen Gründen verworfen.
Wie läuft es im Theater?
Wir sind es gewöhnt, schnell zu reagieren. Unsere Büros sind offen und wir halten Vorschriften und Sicherheitsabstand ein. Jeder macht weiter mit seinen Aufgaben, wenn es möglich ist, auch in Heimarbeit. Im Moment muss ich niemand nach Hause schicken, weil wir genügend Arbeit haben.
Was kann Theater tun in Zeiten wie diesen?
Wir können nur signalisieren, dass wir weiter arbeiten und da sind, wenn das Publikum wieder kommen darf. Ich hoffe auch, dass Kultur vielleicht anders wertgeschätzt wird.
Und Sie bleiben, auch wenn Sie als österreichische Staatsbürgerin noch über die Grenze fliehen könnten?
Fliehen? Warum denn? Sicher nicht. Ich bleibe. Was ich bedaure, ist, dass ich nächste Woche nicht zur Premiere von „Kolumbus“ nach
St. Pölten reisen kann – aber momentan sieht es nicht danach aus, dass diese überhaupt stattfinden kann. Das ist das erste Mal in meiner Karriere, dass mir so etwas passiert. Komisch ist auch, dass wir bei „Toteis“ die Proben einfach abbrechen mussten. Aber natürlich, auch wir müssen in dieser Lage unseren Beitrag leisten, das Virus einzudämmen.
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