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Leben
Der große Merlot
Aus ff 11 vom Donnerstag, den 12. März 2020
„Huberfeld“, Kellerei St. Pauls – wie viel Klasse in einem „M“ steckt.
Die Hügel aus der letzten Eiszeit enthalten zahlreiche Gesteinsarten: Porphyr, Lehm, Sand, Löss, Moränenschutt und Dolomit-Brocken vom steil über St. Pauls aufragenden Gantkofel. „Die Trauben nehmen die Eigenarten dieser Böden auf und spiegeln sie in den Weinen wider, die fruchtig, saftig und kraftvoll werden. Sie bestechen durch Komplexität und Eleganz“, schreiben die Paulsner Kellergenossen über ihren Merlot „Huberfeld“, der in der gleichnamigen Lage unterhalb von Missian wächst.
Wenn es der Jahrgang gut oder noch besser: teuflisch gut mit den Paulsner Kellergeistern meint (wie anno 2015, der den Südtiroler Merlots in schönen Lagen mindestens 2 Ausrufezeichen beschert hat!!), dann kann Kellermeister Wolfgang Tratter sogar noch eine Qualitäts-Stufe „über“ dem M-Huberfeld einen „Passion Riserva Merlot“ wagen. Das ist dann der Wein für die … höheren Feiertage, für die man bekanntlich mehr ausgeben muss oder will.
Der „Huberfeld“ hingegen ist der Merlot für die Niedrigfeiertage: Es gibt vernünftige italienische Weinführer, welche für außergewöhnliche Zweitweine den „oscar qualitá/prezzo“ vergeben, und dieser gebührt in Südtirol bei der oft so gebeutelten, unterschätzten Rebsorte Merlot nach Meinung vieler Weinbeißer genau dem Paulsner „Huberfeld“. Die in Weinfragen immer noch aristokratisch denkenden Franzosen haben dafür den Ausdruck „deuxième château“ geprägt, also so etwas wie: das kleinere (Wein-)Schlössl.
Als Heimat des Merlot wird allgemein das Bordeaux-Gebiet angenommen, wo diese Rebsorte seit dem 17. Jahrhundert bekannt und seit dem
18. Jahrhundert weit verbreitet ist. Der Name stammt vom Vogel, der dieser frühreifen Sorte am hartnäckigsten nachstellt: „Merlot“ ist der Bordelaiser Ausdruck für „kleine Amsel“.
Ob beim Merlot etwas Poetisches (die Ähnlichkeit der Trauben mit den blauschimmernden Federn der Amsel) oder etwas Bodenständiges (Bauernflüche über die zum Teufel gewünschten, gefiederten Traubendiebe) namensstiftend war, kann nicht mehr exakt festgestellt werden.
Mit Begeisterung, Selbstvertrauen und Überzeugungskraft zeigt Kellermeister Wolfgang Tratter, wie viel Klasse und Potenzial in einem Südtiroler Merlot stecken kann. Das Keller-Rezept für den „deuxième château“ >Huberfeld< ist sozusagen französisch-einfach: Langsame Gärung im großen Holzfass und anschließende Reife auf der Feinhefe im Tonneaux für 5–6 Monate, anschließend noch ein bisschen Flaschenlager und voilá! Vom Jahrgang 2017 hat Tratter sogar – für größere Festivitäten – 5-Liter-Flaschen gefüllt: ein „Jeroboam“, benannt nach dem König von Israel, 787 bis 747 vor Christus.
„Diese biblisch großen Flaschen haben den großen Vorteil“, schwärmt Wolfgang Tratter, „dass sich die Weine wegen der langsameren Oxydation viel länger entwickeln können.“ Wein in großen und sehr großen Flaschen ist besser von störenden Umwelteinflüssen abgeschirmt. Das Flaschenglas ist wesentlich dicker, und der natürliche Luftaustausch durch den Korken trifft auf eine größere Menge Wein, die dadurch weniger beeinflusst wird.
Tratter augenzwinkernd: „Wenn sich Kellereien das ,Gschéar‘ mit der von Hand abgefüllten Jeroboam-Flasche antun, dann kann man sicher sein, dass sie das nur mit ihren besten Weinen oder herausragenden Jahrgängen machen. So wie mit dem Merlot ,Huberfeld‘ des Jahrganges 2017!“
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