Leben

Mit Spritzigkeit und Leidenschaft

Aus ff 17 vom Donnerstag, den 23. April 2020

Egon Heiss in der Küche: Überrascht uns mit einem Klassiker.
Egon Heiss in der Küche: Überrascht uns mit einem Klassiker. © Extrawurst
 

Essen und trinken zu Hause (6): Egon Heiss bereitet Frikassee vom Kalbsbries, Ravioli mit jungem Spinat und Morcheln.

Am 25. April 1893 gründeten 30 Andrianer Bauern die erste Genossenschaftskellerei der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die sanft abfallenden Weinhügel unter dem Gantkofel befinden sich auf einer Meereshöhe zwischen 260 bis 340 Meter, der rosarote Andrianer Porphyr und das Dolomit-Sedimentgestein prägen das, was man allgemein in Anlehnung an die erfolgreicheren Franzosen das Wein-„Terroir“ nennt.

Als die Andrianer in wirtschaftlich nicht einfachen Jahren 2008 eine Fusion mit den berühmteren Terlaner Weingenossen eingingen, dachten viele Weinliebhaber: Oje, jetzt wird die schöne, kleine Andrianer Traditionsnische mit Haut und Haaren gefressen; schade um den (Geheimtipp!) Merlot und den Andrianer Sauvignon …

Aber nein, nur die Ruhe. Die Terlaner Führungsriege um Kellermeister Rudi Kofler und Marketinghirn Klaus Gasser blieb gelassen. Und die Andrianer Kellerei konnte sich behaupten – mit klug gestrafftem Sortenspektrum und unter Beibehaltung der stärksten Etiketten.

„Pípplen und pappm dorhoam“, die kleine Extrawurst-Serie in virusbedingter Heimarbeit, verbindet dieses Mal die Andrianer Weine mit Ausdauer, Einfallsreichtum, Spritzigkeit und Leidenschaft eines Sarner Ausnahmekochs, der seit Jahrzehnten im Südtiroler Olymp kocht: Egon Heiss, früher Zauberer im Laurin, später in Bad Schörgau und seit einem Jahr im Castel Fragsburg in Meran.

Er überrascht uns mit einem – in den letzten Jahren ein bisschen in Vergessenheit geratenen – Klassiker der Sechziger- und Siebzigerjahre: Kalbsbries, die wunderbare, für jedes Aromen­attentat zu gebrauchende Wachstumsdrüse des Kalbes: Voilà, Mesdames & Monsieurs, le „Frikassee vom Kalbsbries, Ravioli mit jungem Spinat und Morcheln“!

Die Zutaten-Liste: (ergibt 4 Portionen)
4 Kalbsbries-Nüsschen à 150 g; 20 g geklärte Butter; 50 g Butter; Salz. Für die Spinat-Ravioli: Teig: 100 g Weizenmehl; 25 g Hartweizen; 30 g Eigelb; 30 ml Wasser; wenig Olivenöl. Für die Fülle:
200 g junge Spinatblätter oder Guter Heinrich;
20 g Butter; 1 Knoblauchzehe; Salz; Pfeffer aus der Mühle. Für die Morcheln: 40 Morcheln;
30 g Schalotten; Salz; Pfeffer aus der Mühle.
Weiters: etwas braunes Kalbsjus; eine Handvoll frische Erbsen.

Wenn die Zutaten zur Gänze auf dem Küchentisch versammelt sind, empfiehlt jeder Koch einen Moment der Ruhe, der bestmöglichen Kontemplation; im Idealfall mit einem schönen Weißwein wie dem Chardonnay „Doran“ 2017 der Kellerei Andrian. Oder, besonders wenn man sich zusätzliche adrenalinbildende Säure einverleiben will: einen Sauvignon „Andrius“ 2018.

Egon Heiss mag die frische Stimmung, die dieser Andrianer Sauvignon verbreitet: „Er hat ein für Andrian typisches, fast drängendes Sortenbouquet von Holunderblüte, Äpfeln und Salbei.“ Das Lesegut stammt zum guten Teil aus der Andrianer Lage Gisshübel; geerntet wird so spät als möglich, die reifen Trauben verleihen dem Wein Kraft. Und eine Fülle, die sich lange im Gaumen hält.

Der „Andrius“ wird – bis auf eine kurze Passage im großen Holzfass – im Stahltank vergoren und ausgebaut. Dementsprechend ist die Säure straff, aber niemals abweisend – auch nicht bei schlechter Laune, wenn der Heimkoch schon soooo lange aus der Quarantäne nicht mehr ins Freie hinaus durfte.

Wie nun das Frikassee genau zubereitet wird, erfahren Sie nächste Woche. Prost derweil!

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