Leben

Humor: Ha. Ha. Ha

Aus ff 25 vom Donnerstag, den 22. Juni 2023

Er wäre gern für einen Tag stark übergewichtig und blind, gab ein Südtiroler Comedian im letzten ff-Frage­bogen (Ausgabe 24/2023) zu Protokoll. Das war natürlich ein besonders edgy (neudeutsch: gewagter) Gag, für den es einen besonders langsamen Klatscher von mir gibt. Es ist diese Art von bemüht politisch nicht korrektem Humor, die mich so vom Hocker reißt, wie wenn ein Dreijähriger den ganzen Tag lang „Kacka! Kacka!“ schreien und sich mega­frech dabei vorkommen würde.

Wissen Sie, was wirklich megafrech wäre? Wenn sich unsere Comedians mal mit denen da oben anlegen würden. Wenn sie nach oben stichelten, statt nach unten zu treten. Da, wo die Privilegierten sind, die Mächtigen, die so schön weich sitzen, dass ihnen ein kleiner Tritt in den Allerwertesten, meinetwegen auch nur ein Zwickerle, nicht wirklich wehtut. Dann nämlich hat Humor eine wirklich subversive Kraft, kann Missstände benennen und Scheinheilige entlarven, er kann ein Katalysator sein für gesellschaftlichen Wandel, und die Komiker*innen können sich zurecht als Rebell*innen fühlen.

Leider scheint das aber eine Rolle zu sein, die den meisten unserer Witzereißer*innen nicht behagt. Zu Fasching gibt‘s zwar die obligatorische Polit-Parodie, aber die fällt meist handzahm und mit einem entschuldigenden Zwinkern aus. Lieber zementiert man da doch bestehende Klischees anstatt sie zu sprengen und veräppelt die am unteren gesellschaftlichen Rand: den minderbemittelten Hausmeister, den tollpatschigen Ståller, oder eben die, die nicht der Norm entsprechen, weil sie ein paar Kilos zu viel auf den Rippen haben oder eine Beeinträchtigung. Von denen hat man zumindest nichts zu befürchten, während man bei denen da oben schon Angst vor schwerwiegenden Konsequenzen haben muss: Am Ende verweigern sie – Schreck lass nach! – einem noch den Händedruck bei einem offiziellen Empfang. Dass man dann aber auch nicht viel besser ist als ein Pausenhof-Bully, der den Sonderling triezt und dafür noch Beifall bekommt, das sollte einem halt auch bewusst sein.

von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin

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