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Leitartikel
Durch die Blume
Aus ff 05 vom Donnerstag, den 02. Februar 2017
Mehr Demokratie: Warum die Auszeichnung mit der Demokratie-Rose für den Landeshauptmann viel zu früh kommt.
Zurzeit sprechen die Blumen in Südtirols Politik – und das obwohl Winter ist. Ebenso beachtlich ist, welch bunte Vielfalt da zusammenkommt. War in den vergangenen Jahren vor allem eine Blume in Südtirols Politik vorherrschend – das Edelweiß der SVP, schenken sich die politischen Protagonisten nun Pflanzen jedweder Art. Etwa die Initiative für mehr Demokratie, die Landeshauptmann Arno Kompatscher jüngst mit der „Demokratie-Rose“ auszeichnete, oder der Bürgerunion-Abgeordnete Andreas Pöder, der seinerseits die Initiative mit einem „vertrockneten Kaktus“ beglückte.
Blumen sind eines der ältesten Kommunikationsmittel des Menschen. Im antiken Griechenland wurden schöne junge Frauen mit Blumen verglichen, französische Adelige bestiegen mit einer roten Nelke die Guillotine, und Sozialisten hefteten sie sich am 1. Mai als Erkennungszeichen ans Knopfloch, weil das Tragen roter Fahnen verboten war.
Die Südtiroler Politik handhabt die Blumensprache auf ihre ganz eigene Art. Die rote Rose für den Landeshauptmann steht natürlich nicht für die große Liebe, und der Pöder’sche Kaktus nicht unbedingt für unveränderliche Treue. Die Rose der Initiativgruppe ist eine Demokratie-Rose, Symbol für die Weiterentwicklung der Demokratie. Bekommen hat sie Arno Kompatscher „für die Bedingungen, die er, überzeugt von deren Richtigkeit, für die Volksbefragung zum Flugplatz gelten ließ“. Und der oppositionelle Abgeordnete schenkt der Initiativgruppe seinerseits einen „vertrockneten Kaktus für die politische Anbiederung des Jahres“. Wenn, so Pöder, dann hätte sich der Landtag diese Rose verdient.
Es gibt nun zwei Argumente gegen diese Demokratie-Rose. Zum einen ist Kompatscher immer noch, wenn auch immer weniger, ein Landeshauptmann der Hoffnungen und nicht der bereits erzielten Erfolge. Seine Worte weisen in eine transparentere, demokratischere und partizipativere Welt, seine bisherigen Taten dazu sind oft sehr diesseitig. Ganz dornenfrei ist also selbst diese Demokratie-Rose nicht: Tatsächlich war der Südtiroler Landtag der Träger des Referendums, und nicht der Landeshauptmann allein, auch die Informationsbroschüre zum Referendum war nicht seine Initiative, sondern wurde vom Landtag auf Antrag der Grünen beschlossen.
Die Rose muss daher also wohl mehr als Ansporn denn als Belohnung verstanden werden. Im Grunde hat die Initiativgruppe dem Landeshauptmann damit auch eine ziemliche Bürde auferlegt. Nach zwei Jahren Vorarbeit durch Magdalena Amhof (SVP), Brigitte Foppa (Grüne) und Sepp Noggler (SVP) gibt es jetzt einen Entwurf eines neuen Gesetzes zur Direkten Demokratie. Eigentlich sollte dieser schon längst im Plenum des Hohen Hauses aufliegen, stattdessen aber ist er von der Gesetzgebungskommission noch einmal zurück in alle Landtagsfraktionen geschickt worden. Besonders seitens der Partei des Landeshauptmannes, der SVP, gibt es Widerstand, viele rümpfen die Nase über das allzu direktdemokratische Gesetz. Ob der blumige Vertrauensvorschuss an den Landeshauptmann gerechtfertigt war, wird sich erst noch herausstellen.
Zugegeben, Politik ist ein undankbares Geschäft, und Demokratie nicht immer einfach oder gar gerecht. Auch Demokratie will gelernt sein. Demokratie ist eine Gemeinschaft, die ihre Zukunft miteinander gestaltet. Zu dieser Gemeinschaft gehören aber nicht nur Landesregierung und Südtiroler Volkspartei. Zu dieser Gemeinschaft gehören die Bürger, die sozial Schwachen und die sozial Starken, die Kritischen und Unbequemen.
Südtirols Zukunft miteinander gestalten? Mehr Demokratie im Land?
Dass „mehr Demokratie wagen“ in der Praxis nicht so einfach ist, wusste schon Willy Brandt. Vom Urvater der Mitbestimmung ist der Seufzer überliefert, Demokratie dürfe „nicht so weit gehen, dass in der Familie darüber abgestimmt wird, wer der Vater ist“.
Arno Kompatscher braucht die Demokratie-Rose nicht. Wenn, dann braucht die Rose Kompatscher.
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