Erstmals können in Italien lebensverlängernde Therapien bei ausbleibenden Genesungschancen abgelehnt werden. Eine bindende Patientenverfügung macht es möglich – sofern der römische Senat dem revolutionären Gesetzestext zustimmt.
Leitartikel
Und sie lebt doch
Aus ff 17 vom Donnerstag, den 27. April 2017
Nach den Wahlen in Frankreich fürchten manche um den Fortbestand Europas. Der Parteien. Und letztlich der Demokratie. Doch das ist Quatsch. Die Menschen wollen mitbestimmen – sogar mehr als je zuvor.
Frankreich gleiche einem Scherbenhaufen, schreiben die Dolomiten. Die „alten Parteien“ – am Boden zerstört. „Macron-Le Pen, è in gioco l’Europa“, titelt die Repubblica. Und auf Zeit Online steht zu lesen: „Es geht ums Ganze und das ist gefährlich.“
Die Wahlen in Frankreich sorgen für Aufregung. Im ersten Wahlgang am Sonntag haben sich zwei Kandidaten für die Präsidentschaft empfohlen, die weder aus dem Lager der Konservativen noch der Sozialisten stammen. In den vergangenen 60 Jahren war immer eine dieser beiden Parteien an der Regierung.
Präsidentschaftskandidat Nummer 1 ist nun Emmanuel Macron. Der 39-Jährige ist ein ehemaliger Bankier, von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande. Vor einem Jahr gründete er die Bewegung „En Marche!“ und landete bei den Stichwahlen mit rund 24 Prozent an erster Stelle.
Präsidentschaftskandidatin Nummer 2 ist Marine Le Pen. Die 49-Jährige ist Rechtsanwältin und seit 2011 Vorsitzende des rechtspopulistischen Front National. Bei den Stichwahlen schaffte sie mit über 21 Prozent Platz zwei, das beste Ergebnis, das ihre Partei je erzielte.
Muss man nun Angst haben um den Fortbestand Europas, der Parteien und letztlich der Demokratie? Wohl eher nicht. In Frankreich zeigt sich nur das, was wir zuletzt in Amerika (Trump) gesehen haben. Und vorher in Großbritannien (Brexit), Deutschland (Pegida und AFD) oder Österreich (Norbert Hofer).
Viele Menschen haben die alten Muster satt, die sie häufig mit Stillstand, Korruption und fortschreitender Globalisierung gleichsetzen. Sie wählen deswegen weniger die Parteien der Mitte und mehr die Parteien, die links und rechts der Mitte stehen. Wichtig ist, dass sich diese Parteien im Rahmen des demokratischen Spektrums bewegen. Und das tun sie. Auch wenn nicht allen gefällt, was uns eine Marine Le Pen, ein Emmanuel Macron, eine Ulli Mair oder ein Paul Köllensperger zu sagen haben.
Die Menschen sind heute nicht weniger an Politik interessiert als früher – im Gegenteil. Sie kümmern sich eher mehr darum, wer künftig unsere Gesellschaft so organisieren soll, damit sie zukunftsfähig bleibt.
Sind die EU und ihre Bürokratie reiner Selbstzweck, der den Bürgern wenig bringt? Kann der Euro überleben, wenn die Schulden der Eurostaaten weiterhin so groß bleiben? Wie will Europa das Flüchtlingsproblem in Griff bekommen? All das sind Fragen, auf die die etablierten Parteien bisher noch keine oder nur unbefriedigende Antworten liefern konnten.
Zugegeben, die Antworten darauf sind nicht einfach – und sie werden den Politikern und Bürgern Europas noch einige Schmerzen bereiten. Aber es braucht Antworten. Die Menschen fordern das. Das zeigt die Abwahl der etablierten Parteien in Frankreich deutlich.
Demokratie ist immer auch ein Wettstreit um die besseren Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Probleme. Momentan scheinen die Parteien links und rechts der Mitte mit ihren Lösungsansätzen für die Menschen überzeugender zu sein als die Parteien der Mitte.
Das ist in Südtirol nicht anders. Auch hier ziehen vor allem Parteien rechts der Mitte viele Menschen in den Bann. Das ist per se nichts Schlechtes – im Gegenteil. Und das sollte die gemäßigten Parteien und jene links der Mitte dazu anspornen, noch bessere Lösungsansätze zu entwerfen.
All das zeigt: Die Demokratie lebt.
Die Menschen kümmern sich heute mehr denn je darum, wer künftig unsere Gesellschaft so organisieren soll, damit sie zukunftsfähig bleibt.
Karl Hinterwaldner
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