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Leitartikel
Ruhe gibt es nicht
Aus ff 29 vom Donnerstag, den 20. Juli 2017
Die Führungsriege des Sanitätsbetriebes hat sich immer noch nicht gefestigt. Na und? Kann doch überall passieren. Doch was sich in Südtirols Sanität ereignet, hat mittlerweile eine andere Dimension.
Seit Martha Stocker vor dreieinhalb Jahren und dann Thomas Schael vor zwei Jahren die Führung von Südtirols Gesundheitspolitik und Sanitätsbetrieb übernommen haben, gibt es den dringenden Wunsch nach Veränderung. Immer wieder wurde gesagt, man wolle die Branche beruhigen. Alle Akteure sollten sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren können, die Arbeit am Patienten.
Nur: So einfach machen es die Umstände den Verantwortlichen nicht. Oder machen sie es sich selber zu einfach? Die Sanität jedenfalls kommt nicht zur Ruhe, auch unter der neuen Führung nicht, obwohl diese doch alles besser und anders machen wollte. Das muss kein Grund zur Klage sein, sollte aber zur kritischen Selbstprüfung verpflichten. Leider aber scheint man genau das gerne zu verdrängen.
Das Problem ist, dass sich die Führungsriege des Sanitätsbetriebes selbst noch immer nicht gefestigt hat. Noch am vorletzten Tag des vergangenen Jahres verschickte der Betrieb die Pressemitteilung mit der frohen Botschaft „Mit neuer Führung ins neue Jahr“. Vorgestellt wurden darin die neuen Führungskräfte: Pflegedirektorin Marianne Siller, Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler, Verwaltungsdirektor Enrico Wegher.
Heute aber, zwei Jahre nach Amtsantritt des neuen Generaldirektors, steht dieser immer noch ziemlich alleine da. Das lässt im Gegenzug seine Macht immer größer werden, und das ist das nächste Problem. Wegher war aus dem Spiel, noch bevor es für ihn richtig begann – weil seine Funktion als Präsident der Tochtergesellschaft Saim mit jener des Verwaltungsdirektors unvereinbar ist. Das teilte jüngst auch die Antikorruptionsbehörde Anac mit.
Thomas Lanthaler ist nie richtig ins Spiel gekommen – das Anhängsel „geschäftsführend“ lässt ihn nur aus einer schwachen Position heraus agieren. Nun fordert die Ärztegewerkschaft Anaao eine Neuausschreibung des Postens, Betrieb und Assessorat hätten 15 Tage Zeit, um die Sache in Angriff zu nehmen. Die Verantwortlichen schieben sich die heiße Kartoffel gegenseitig zu.
Bleibt die Pflegedirektorin, die als einzige dazu befugt ist, als Stellvertreterin des Generaldirektors weisungsgebundene Mitteilungen beispielsweise an die Ärzteschaft zu verschicken. Dies wiederum lässt die Ärzte erzürnen, so wie jüngst passiert. Da teilte die Pflegedirektorin mit, dass die freiberufliche Tätigkeit der Ärzte im Krankenhaus bis Ende dieses Jahres noch erlaubt sei (das sind gerade einmal drei Stunden wöchentlich!) – ab 2018 nur noch, wenn die Wartezeiten entsprechend reduziert werden.
Abgesehen vom Sinn eines solchen Vorhabens: Derlei Vorfälle zeigen, dass das Zusammenspiel in der Führungsmannschaft von Politik und Betrieb nicht stimmt. Die Debatte um die Direktoren offenbart das Dilemma, in das sich die Verantwortlichen selbst hineinmanövriert haben.
Nun soll bei der Landtagssitzung in der nächsten Woche im Rahmen der „Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt“ auch über Änderungen des Landesgesetzes zur „Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes“ gesprochen werden. Das Gesetz wurde erst im April dieses Jahres mit Ach und Weh verabschiedet, jetzt muss man es schon wieder überarbeiten. Eine Änderung betrifft auch das Landesführungskräfte-Verzeichnis. Seien die Kriterien dazu einmal geregelt, so die politische Botschaft, könne man auch die Neubesetzung von Sanitätsdirektor & Co. angehen.
Der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger (Fünfsternebewegung) verlangt Klarheit in diesem Sanitätsdschungel. In einer aktuellen Anfrage weist er auf die vielen Ungereimtheiten hin und fragt nach, ob die Ernennung Lanthalers tatsächlich rechtens gewesen sei und wie das konkrete weitere Vorgehen der politisch Verantwortlichen in der Sache aussehe.
In der ganzen Angelegenheit geht es nicht nur um die Zukunft der betrieblichen Führungsmannschaft. Es geht um Machtkämpfe, mangelnde Selbstprüfung und den sich einschleichenden Usus, sich die Gesetze und Spielregeln zurechtzuschneidern.
Wenn man nicht die Kehrtwende und damit einen wirklichen Neuanfang schafft, wird in Südtirols Sanität eines in der nächsten Zeit ganz gewiss nicht einkehren: Ruhe.
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