Leitartikel

Entlastung spürbar machen

Aus ff 50 vom Donnerstag, den 14. Dezember 2017

Zitat
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Unternehmen zahlen immer weniger Steuern, ihre Mitarbeiter immer mehr. Warum das Land gut daran täte, nur mehr jene Unternehmen steuerlich zu entlasten, die den Vorteil an ihre Mitarbeiter weitergeben.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Während Unternehmen seit 2012 immer weniger Steuern zahlen müssen, ist es bei ihren Mitarbeitern genau andersherum – sie müssen immer mehr Steuern zahlen.
Dieses Magazin hat es jüngst (ff 48/2017) aufgezeigt. Das Land nahm 2012 noch 390 Millionen Euro aus der Wertschöpfungssteuer Irap ein. Sie muss von Unternehmen bezahlt werden. Im kommenden Jahr werden es nur mehr 266 Millionen Euro sein.
Daneben zahlen Kapitalgesellschaften die Körperschaftssteuer Ires. Beliefen sich die Einnahmen des Landes 2012 noch auf 305 Millionen Euro, werden es im kommenden Jahr nur mehr 285 Millionen Euro sein.
Grob gesagt, werden Südtirols Unternehmen damit steuerlich um 144 Millionen Euro pro Jahr entlastet. Das kann als gutes Signal gelten, um die Wirtschaft anzukurbeln, wie Landeshauptmann Arno Kompatscher nicht müde wird zu betonen.
Zugleich aber zahlen Angestellte, Rentner und Personengesellschaften immer mehr Steuern. Das lässt sich an den Einnahmen des Landes an Einkommensteuern (Irpef) ablesen, die genau diese Personengruppen bezahlen müssen. Lagen sie 2012 noch bei 1.654 Millionen Euro, werden sie sich im kommenden Jahr auf 1.885 Millionen Euro belaufen.
Grob gesagt, werden Südtirols Steuerzahler aus Fleisch und Blut damit steuerlich um 231 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich belastet. Das ist vor allem auf den Anstieg der Bevölkerung und der Löhne zurückzuführen. Denn die Prozentsätze für die Irpef sind an sich nicht gestiegen. Doch weil die Irpef-Schwellenwerte seit Jahren gleich geblieben sind, rutschen viele Beschäftigte mit einem Teil ihres Einkommens in die nächsthöhere Steuerklasse, die Steuern, die sie zu entrichten haben, steigen überproportional zur Lohnerhöhung. Man spricht von einer „kalten Progression“.

Landeshauptmann Kompatscher sagt, das Land tue alles, um die Menschen steuerlich zu entlasten. Für die Seite der Wirtschaft, deren zuständiger Landesrat Kompatscher auch ist, trifft diese Aussage zu. Doch für die Seite der Angestellten und Rentner besteht, freundlich formuliert, noch einiger Nachholbedarf.
Man muss dem Landeshauptmann zugute halten, dass sein Einfluss auf die Steuern beschränkt ist. Er kann den Irpef-Zuschlag senken, das hat er getan. Von 70 (2012) auf 20 (2018) Millionen Euro. Damit werden ab 2018 nur mehr Einkommen über 28.000 Euro von diesem Zuschlag betroffen sein.
Ihn völlig abzuschaffen, wie zum Beispiel von den SVP-Arbeitnehmern gefordert, wäre aber das falsche Signal. Damit würden jene entlastet, die ohnehin viel verdienen.
Weitaus besser wäre es, die derzeit gewährten Steuersenkungen ab sofort an Auflagen zu knüpfen: In den Genuss der vom Land reduzierten Irap sollen nur mehr Betriebe kommen, die einen Teil des Steuervorteils an ihre Mitarbeiter weitergeben. Und zwar indem sie Betriebsabkommen abschließen oder einen Landeszusatzvertrag unterzeichnen (das bringt den Mitarbeitern Vorteile, vor allem im wirtschaftlichen Bereich). Dies fordern inzwischen auch die Gewerkschaften und SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler.
Aus gutem Grund. Denn es ist nicht einzusehen, warum Unternehmen steuerlich entlastet werden und ihre Mitarbeiter belastet bleiben. Das lässt die Schere zwischen Arm und Reich nur weiter auseinandergehen – und schadet langfristig der ganzen Gesellschaft.
Auch den Unternehmen. 

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