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Leitartikel
Verlorene Illusionen
Aus ff 09 vom Donnerstag, den 01. März 2018
Der Name des Südtiroler Generaldirektors scheint nicht in der nationalen Rangliste auf. Das wirft Fragen auf. Und vergrößert den Vertrauensverlust in Politik und Sanitätsbetrieb.
Seit Thomas Schael Generaldirektor ist, also seit rund zwei Jahren und acht Monaten, kommt der Sanitätsbetrieb nicht zur Ruhe. Der gebürtige Deutsche vertritt ja gerne die kühne These, das habe nichts mit ihm zu tun. Aber Schael, der „Mann mit der Fliege“, polarisiert und spaltet wie selten eine andere Führungsperson vor ihm in diesem Land. Nun hat Thomas Schael ein ernsthaftes Problem. Nicht nur, dass der Sanitätsbetrieb zurzeit von einer Korruptionsaffäre erschüttert wird. Nein, der Name des Südtiroler Generaldirektors scheint auch nicht auf der jüngst veröffentlichten Liste des Gesundheitsministeriums der geeigneten Kandidaten für den Posten eines Generaldirektors auf.
Schael selbst spricht von einem „materiellen“ beziehungsweise „bürokratischen Fehler“ seitens des Ministeriums. Mag sein. Es kann aber auch tieferliegende Gründe haben. Und deshalb führt all das zu Fragen wie: Hatte Schael zum Zeitpunkt seiner Ernennung 2015 überhaupt die nötigen Voraussetzungen? War diese rechtens?
Um in die gesamtstaatliche Rangliste aufgenommen zu werden, darf ein Kandidat nicht älter als 65 Jahre sein, er muss 5 Jahre als Führungskraft in der öffentlichen Verwaltung oder 7 Jahre in der Privatwirtschaft aufweisen können, ein Hochschulstudium sowie eine Zusatzausbildung im Bereich öffentliche Gesundheit. Der Generaldirektor stellt in einer schriftlichen Stellungnahme im Tagblatt klar: „Ich hatte alle vom Staatsgesetz und von der lokalen Ausschreibung vorgesehenen Voraussetzungen für die Benennung als Generaldirektor in Südtirol.“
Nun, die ganze Geschichte hält trotzdem genügend Kuriositäten bereit. Etwa die Anerkennung des Studientitels. Diese hat Schael nicht durch eine öffentliche italienische Universität gemacht, sondern in Form einer Gleichstellung durch das Wissenschaftsministerium zusammen mit dem Ministerialpräsidium. Dieses Schreiben trägt das Datum vom 27. Mai 2015 und verweist darauf, dass diese Bescheinigung für das Auswahlverfahren zur Ernennung des Südtiroler Generaldirektors gilt. Blöd, dass im Ausschreibungstext der Landesregierung zum Auswahlverfahren als Zeitpunkt für die Einreichung des Gesuches der 17. Februar 2015 angegeben war: „Die Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt des Termins für die Einreichung des Gesuches für die Zulassung zum Auswahlverfahren bestehen“.
Man kann nur noch den Kopf schütteln. Wenn jetzt, knapp drei Jahre später, darüber diskutiert wird, ob Schael überhaupt die nötigen Voraussetzungen hatte, um zum Generaldirektor ernannt zu werden, und wenn man im Tagblatt liest, dass im Assessorat „Verwirrung“ über dessen akademischen Titel herrsche, dann ist das einfach nur peinlich. Und zeugt nicht gerade von einer professionellen Personalpolitik des Landes.
Vielleicht sollte man noch einmal daran erinnern, dass es 2015 zur Fachkommission auch einige Fragen gab. Etwa warum diese der Landesregierung nicht einen Zweier- oder Dreiervorschlag präsentiert hatte, wie bei solchen Wettbewerben üblich. Die Kommission, sagte die Landesrätin damals, zeichne sich durch „Kompetenz und Wissen“ aus und ja, sie habe eine „souveräne Entscheidung“ getroffen.
Derlei Vorkommnisse und Ungereimtheiten vergrößern den Vertrauensverlust in Politik und Sanitätsbetrieb. Man ist es leid. Man hat genug von Wortgeplänkeln, Beschwichtigungen und Schönwetterreden. Einzig die Oppositionspolitiker Andreas Pöder und Paul Köllensperger stellen sich der Thematik, und sie tun gut daran. Die große Partei und die Regierung schweigen sich aus, wenn es ungemütlich wird, einmal wieder. „Wieder ein Beweis, wie schwach die Landesregierung in der Personalpolitik, besonders im Sanitätswesen ist“, keift Pöder. „Die Führungsebene des Sanitätsbetriebes“, fordert er, „muss ausgewechselt werden.“ Er und Köllensperger verlangen im Landtag nächste Woche Aufklärung.
Man darf gespannt sein, wie sich die Verantwortlichen diesmal herausreden werden. Solche Geschichten sind geeignet, selbst den letzten Gutwilligen ihre Illusionen auszutreiben. Man ist geneigt, an Balzac und seinen Roman „Verlorene Illusion“ zu denken. „Die Politik“, heißt es dort, „ist die Wissenschaft derer, die nichts wissen und nur durch ihre Leere tief sind.“
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