Leitartikel

Na bitte, es geht doch!

Aus ff 12 vom Donnerstag, den 22. März 2018

Zitat
© FF-Media
 

Vielleicht erinnern sich die Politiker nach den letzten Wahlergebnissen wieder an eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die da lautet: das Leben der Bürger einfacher zu gestalten. Zwei Beispiele geben Hoffnung.

Bis Italien eine neue Regierung erhält, kann es noch dauern. Derweil bleibt die alte im Amt. Und wie ich höre, hat diese jetzt ein Dekret erlassen, das ich als kleinen Hoffnungsschimmer interpretiere: Kinder im Alter zwischen 0 und 6 Jahren benötigen für eine sportliche Aktivität kein ärztliches Zeugnis mehr.
Bisher kannte das Gesetz keine Ausnahmen: Wer am wöchentlichen Turnen teilnehmen will, muss vorher zum Hausarzt, um sich die „Eignung attestieren“ zu lassen. Mami will mit ihrem vier Jahre alten Bengel zum Schwimmkurs: zuerst das Zeugnis! Das funktioniert dann so: Geduldiges Warten, der Nächste bitte, Doktor schaut kurz auf, zwinkert mit den Augen, schreibt einen Zettel, kassiert. Dies wenn Doc vernünftig ist. Handelt er nach Vorschrift, schickt er Mami samt Kleinkind zum EKG-Test.
Luca Lotti, der amtierende Sportminister, hat jetzt diesen Unsinn beendet: Bevor jemand auf die Idee kommt, auch für das Laufen auf der Wiese oder das Schlagen eines Purzigagele ein ärztliches Zeugnis zu fordern, zog Lotti einen Strich: Zumindest Kleinkinder sind von dieser Verpflichtung befreit. Die Begründung: Bis zum sechsten Lebensjahr könne nicht von Leistungssport gesprochen werden. Na bitte, es geht doch!
In Österreich lässt die neue Regierung ebenfalls mit einer Verordnung aufhorchen, die zuversichtlich stimmt: Die im Lebensmittelhandel vorgeschriebenen Gummihandschuhe müssen ab Mai nicht mehr verwendet werden. Die Begründung: Studien haben erwiesen, dass diese Handschuhe doch nicht die Hygiene verbessern.
Sieh einer an: Tonnenweise Plastikmüll, Bestimmungen, an die sich nur wenige halten (ich habe mich nie daran gehalten) –, bis endlich jemand zur Vernunft kommt und dem Schmarrn ein Ende setzt. Na bitte, es geht doch!
Zwei Schwalben machen noch keinen Sommer, gewiss. Aber ich will die beiden Neuerungen mal so interpretieren: Die letzten Wahlergebnisse in Wien, Berlin und Rom haben zumindest einige Politiker an ihre eigentliche Aufgabe erinnert. Die da wäre: das Leben der Bürger nicht komplizierter, sondern einfacher zu gestalten. Warum also nicht damit beginnen, den Dschungel an Auflagen, Gesetzen, Verordnungen, Dekreten, Vorschriften etwas zu lichten?
Und jetzt zu meinem eigentlichen Anliegen: Wie wär’s, wenn unsere Landesregierung sich der Sache annehmen würde? Ich weiß zwar, dass vieles von dem Zeug, mit dem wir uns herumschlagen müssen, von Brüssel und Rom abhängt. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass in all den autonomen Befugnissen, die Südtirol besitzt, nicht auch Mittel und Hebel versteckt sind, die es uns erlauben, unser Leben weniger kompliziert zu gestalten. Man muss es nur wollen. Man muss nur den Mut dazu haben.
Der Schilderwahnsinn zum Beispiel, die vielen Vorschriften zur sogenannten Arbeitssicherheit, die stupiden Weiterbildungsverpflichtungen, die verrückten Privacy- und Antikorruptionserklärungen. Zettel, Zettel, Zettel, die der Form dienen, nicht der Sache. Wie viele solcher Verpflichtungen gibt es, die für die Katz sind, aber viel Zeit, Geld und Nerven kosten?
Ich habe bisher vermieden, den Begriff Bürokratie zu erwähnen. Und wissen Sie warum? Weil nicht die Bürokratie das Problem ist, sondern jene, die aus Gründen der Sicherheit, Gesundheit oder der rechtlichen Absicherung immer neue und mehr Vorschriften fordern. Bürokratie ist Folge, nicht Ursache.
Also dann, geschätzte Landesregierung, wollen wir es versuchen? Denn wie man sieht: Es geht doch!

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