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Leitartikel
Kampf? Erst nach der Wahl!
Aus ff 42 vom Donnerstag, den 18. Oktober 2018
Der Landtagswahlkampf war bislang nicht heiß und nicht kalt. Er ist so etwas wie die Windstille zwischen der alten und der neuen Legislatur.
F
rüher war bekanntlich alles besser. Auch der Wahlkampf. Früher, da war so ein Wahlkampf ein großes Spektakel, es krachte und schepperte in allen Reden. Es gab harte Konfrontationen.
Nun, gerechtigkeitshalber muss man sagen: Die Wahlkämpfe waren früher nicht besser. Sie waren halt anders. Weil die Kandidaten der jeweiligen Parteien so anders waren. Sie waren unverwechselbar, polarisierten, repräsentierten unterschiedliche Politikmodelle. Kurzum: es gab mehr politische Rampensäue.
Heute gibt es mäßige Redner, die mit anderen mäßigen Rednern konkurrieren, Parteien ohne großen Wagnisse und mehr Techniker der Macht als große Charismatiker. Das ist keine Kritik. Das ist nur eine ehrliche Feststellung. Der laue Wahlkampf ist in Wahrheit Spiegelbild der Gesellschaft und der Politik der vergangenen Jahre.
Der Wahlkampf plätschert dahin, seit Wochen heißt es, dass er nun aber wirklich beginnt. Aber er beginnt irgendwie nicht, er ist nicht heiß und nicht kalt. Man fühlt sich ein bisschen wie in Watte gebettet und von Honig ummantelt. Mal abgesehen von der Plakataktion der neofaschistischen Casapound und dem Bierzelt-Auftritt des Lega-Populisten Matteo Salvini beim Kastelruther-Spatzen-Fest. Auf solche Tumbheiten kann man gut verzichten.
Klar, viele Kandidaten und vor allem die kleineren Parteien rackern sich ab. Aber es gelingt nicht, diesem Wahlkampf Charakter zu geben. Die SVP kämpft nur auf Sicht, schlängelt sich durch. „Keine Experimente für Südtirol“, sagt der SVP-Parteiobmann einen Tag nach der Bayernwahl. Und: Wer die Stabilität schwäche, die die SVP seit jeher garantiere, schwäche damit auch Südtirol.
In Klartext übersetzt heißt das: Am Sonntag SVP wählen. Keine Abenteuer, keine Experimente, Sicherheit statt Risiko, weiter so! Kontrollierte Konfrontation könnte man das auch nennen.
Aber warum jammern? Ein großer Teil der Gesellschaft hat kein Problem damit, man ist zufrieden mit politischen Null-Positionen in einer aufgewühlten und verrückten Zeit wie dieser. Auch viele Wähler scheuen die politische Konfrontation, zeigen wenig Interesse an politischen Diskursen, schimpfen auch dann lieber über die Flüchtlinge, wenn es eigentlich um völlig andere Probleme und Themen in diesem Land ginge.
Die Wahl am Sonntag wird Südtirol stärker verändern, als viele glauben oder vielleicht auch wahrhaben wollen. Der Landtag wird eine neue politische Landschaft widerspiegeln. Neben den Freiheitlichen wird die Lega als weitere rechtspopulistische Partei in das Hohe Haus einziehen, der Ton in den Debatten wird schärfer werden, die gemäßigten Italiener werden hingegen wohl in der Versenkung verschwinden.
Überhaupt könnte sich, und das wäre eine weitere Veränderung, die SVP künftig nicht nur einen, sondern zwei Koalitionspartner suchen müssen. Weil sie nicht mit der Lega koalieren will. Weil sie zu wenige, ihr genehme und gemäßigte Italiener findet. Weil sie selbst vielleicht mächtig Federn lassen muss.
So gesehen wird der wahre Wahlkampf diesmal erst dann beginnen, wenn er geendet hat. Nach der Landtagswahl beginnt der Kampf um die Zukunft der SVP und auch um die Zukunft der Demokratie. Demokratie lebt auch davon, dass es eine starke Opposition gibt und politischen Streit. Keinen gemeinen, sondern als hartes Ringen in der Sache.
Es wird also auch einen Kampf um die Macht in den anderen Parteien geben, sollte die Wahl nicht ganz nach ihrem Geschmack laufen.
Die Zeit des vermeintlich lauen Wahlkampfes hat dem Wähler hoffentlich die Zeit gegeben, darüber nachzudenken, was er wirklich will. Die Antwort sowie das Wahlergebnis werden der Zeit nach dem Sonntag sicher die bisher vermisste Würze geben.
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