Ein paar Wein-Anekdoten (1): Kellergeschichten vom Dolomytos und anderen Weinen.
Leitartikel
Die Geigen von Schloss Tirol
Aus ff 48 vom Donnerstag, den 28. November 2019
Beim Treffen der Staatspräsidenten auf Schloss Tirol gab es viel Lob und Selbstlob. Für Südtirol und das Südtirolpaket. Anlass, trotzdem ein paar Fragen zu stellen.
Die meisten Männer, die vor 50 Jahren im Kurhaus in Meran für das Paket stimmten, wussten vermutlich gar nicht, wie bedeutend ihre Entscheidung für Südtirol sein würde. Sie waren einfach vernünftig. Sie taten Gutes für ihre Heimat.
Sie waren Patrioten im besseren Sinne des Wortes. Nicht von Gefühlen oder Ressentiments getrieben, sondern von der Einsicht, dass dieses Paket, mit den Mitteln der Diplomatie errungen, das letzte war, das Italien zusammen mit Südtirol schnüren würde. Sie überwanden die Geschichte, die Südtirol oft an die Vergangenheit fesselt.
Mit diesem Paket, dem Zweiten Autonomiestatut, wurde aus Südtirol die wohlhabende Provinz, die es heute ist. Manche Leute würden die Paket-Abstimmung von 1969 gerne rückgängig machen. Südtirol zurückdrehen in die Vergangenheit, als Italiener und Deutsche im Land noch gegeneinander lebten und nicht wenigstens nebeneinander wie heute.
Hören wir nicht auf diejenigen, die die Terroranschläge in den Sechzigerjahren heute noch verteidigen und Terroristen zu Helden verklären, sie säen Zwist, leben politisch davon, Menschen gegeneinander aufzubringen. (Richtig wäre es, würde der italienische Staat die Bombenleger von damals begnadigen. Sie sind alte Männer. Aber ohne Einsicht keine Gnade. Doch das ist eine andere Geschichte).
Am vergangenen Wochenende wurden beim Stelldichein der Staatspräsidenten auf Schloss Tirol Südtirol-Paket und Südtirol Länge mal Breite gelobt. Es war ein Schritt vorwärts. Und gleichzeitig ein großes Gefiedle. Wie bei einem Film, bei dem 90 Minuten lang Streicher süßlich die Handlung begleiten.
Es war bestimmt ehrlich gemeint, aber es war auch eine große Show. Bei der Südtirol sich als einzigartig darstellen konnte. Wieder einmal. Dürfen wir uns zufrieden sein? Nein, denn es braucht nicht viel, um das Südtiroler Gleichgewicht zu stören.
„Alto Adige-Alto fragile“, um es mit einem viel bemühten Zitat des Südtiroler Dichters Norbert C. Kaser zu sagen.
Man wird bei allem Lob, Selbstlob und aller Anerkennung für die Rede des Landeshauptmanns ein paar Fragen stellen müssen.
Was ist aus der Erneuerung des Autonomiestatuts geworden? Stichwort Autonomiekonvent.
Wie kann aus dem Nebeneinander der Sprachgruppen ein Miteinander werden? In den Gencode des Pakets ist ja die Trennung eingeschrieben, jeder Sprachgruppe ihr Garten zugewiesen.
Wo finden in diesem Autonomiestatut Migranten ihren Platz? Ohne Platz für sie kann Integration nicht gelingen.
Wie halten wir es mit Proporz und den Sprachen in der Schule, mit der zweisprachigen Schule? Hier mauert die SVP. So, als sei das Zweite Autonomiestatut (es trat 1972 in Kraft) für alle Zeiten auf dem Stand von damals eingefroren.
Wie geht das zusammen: Vor Populismus warnen und mit der Lega koalieren? Arno Kompatscher hob in seiner Rede auf Schloss Tirol warnend den Finger, doch als es ernst wurde, ließ er sich von seiner Partei zu einer Koalition mit einer Partei nötigen, die gegen Migranten und die EU hetzt.
Das Paket ist ein Modell. Ist es das? Von außen betrachtet vielleicht, wenn man nicht an der schönen Oberfläche kratzen will. Es dient oft als Vorwand, alles zu lassen, wie es ist, die entscheidenden Fragen nicht zu stellen. Südtirol ist oft ein träges Land. Wir selber nehmen unsere Beschränkungen oft nicht mehr wahr.
Das Autonomiestatut gibt uns die Möglichkeit, Südtirol zu gestalten. Ein Land zu schaffen, das Wohlstand mit Humanität, sozialer Gerechtigkeit und Schutz der Natur verbindet. Dafür dürfen wir nicht an der Vergangenheit kleben.
Wenn wir das schaffen, können wir uns in 20, 50 oder 100 Jahren wirklich Länge mal Breite selber loben.
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