Die Vorweihnachtszeit sorgt nicht nur bei Kindern für leuchtende Augen. Sondern auch bei Geschäftsleuten: Fröhlicher die Kassen nie klingeln.
Leitartikel
Adventspektakel
Aus ff 50 vom Donnerstag, den 12. Dezember 2019
Adventzeit. Besinnlichkeit. Einkehr. Klingt ja alles gut. Das Versprechen von Stille jedoch wird meist leider erst nach dem Fest eingelöst.
Alle Jahre wieder landet der Nikolaus, das Jesuskind in der Krippe oder sonst ein adventliches Symbol im politischen Diskurs. In diesem Jahr zum Beispiel geht es um die Weihnachtskrippe. Bildungslandesrat Giuliano Vettorato hat den Schulen einen Brief geschrieben, darin empfiehlt er, man möge doch bitte eine Krippe aufstellen. Die Grünen-Abgeordnete -Brigitte Foppa hat prompt ihre Erwiderung in den Raum geschleudert: Bei Vettoratos Aktion handle es sich um eine „völlige Ebenenverfehlung“ und sei so gar nicht „legastyle“, so die Politikerin. Der Leghista vergesse wohl, dass die Krippe eine Familie darstellt, die niemand aufnehmen will. Noch dazu handle es sich um keine „traditionelle Familie“, von der die Lega doch so gerne spreche.
Auch sonst gibt es allerhand Wundersames im vorweihnachtlichen Politbetrieb zu beobachten. So loben beispielsweise die zwei größten Oppositionsparteien im Landtag, das Team K und die Grünen, den Landeshauptmann für seine Haushaltsrede. Ja, er könne mit dem, was er so sagte, glatt Mitglied auch ihrer Parteien sein.
Nun denn, Weihnachten ist eben auch die Zeit der großen und kleinen Wunder. Das ist aber beinahe auch schon alles, was diese Vorweihnachtszeit an Besonderem zu bieten hat. Diese Wochen müssen für Menschen, die sie zum ersten Mal erleben, eine überwältigende Angelegenheit sein. Die vielen Lichter, die prunkvoll dekorierten Schaufenster, die dröhnenden Musikklänge und die Glühweinduftschwaden, die durch die Straßen wabern. Und dann diese Hektik. Alles rennt und keucht und kauft, was die Kreditkarte hält. Am Heiligabend schließlich, so ab 14 Uhr, bricht endlich die kollektive Besinnlichkeit aus.
Es ist mir ein Rätsel, wie es immer noch gelingen kann, ausgerechnet den lärmenden Advent werbetechnisch als stillste Zeit im Jahr auszurufen. Ich will gewiss niemandem das Recht abstreiten, den Advent auf seine Weise zu feiern – „Gott lob“. Trotzdem muss es erlaubt sein, Dinge immer wieder einmal zu hinterfragen und einzufordern, über bestimmte Entwicklungen nachzudenken.
Das Wort „Weihnachten“ hat viele Synonyme: Fest der Liebe, besinnliche Zeit, stille Nacht. Klingt alles toll, nur sieht für die meisten die Wirklichkeit anders aus: Man eilt gestresst durch übervolle Geschäfte, weil man die Geschenke trotz aller Vorsätze noch nicht beisammen hat, „Last Christmas“ dudelt aus jedem Lautsprecher. Verkitschte Folklore, wohin man schaut, strapazierte Nerven, überbordender Konsum. Vielen kostet Weihnachten jene Kraft, die man am Ende des Jahres eigentlich gar nicht mehr hat. Erst wenn alles vorbei und das neue Jahr seinen Lauf genommen hat, wird das Versprechen von Stille eingelöst.
Das vorweihnachtliche Gewusel und Gewimmel scheint auch in den Plenarsaal des Hohen Hauses übergeschwappt zu sein. So ermahnte Landtagspräsident Sepp Noggler vergangene Woche die Abgeordneten, sich auf die Debatte zu konzentrieren, weil: „Ich habe gemerkt, dass die Unordnung hier im Saal so langsam Fahrt aufnimmt.“ Doch damit nicht genug: Einen besonderen Tadel sprach der Präsident der SVP-Abgeordneten Jasmin Ladurner aus. Auf Facebook hatte sie fünf Musikhits gepostet, die helfen würden gegen „inhaltsleere, unkonkrete Reden, die lediglich ethnisch spalten wollen“. Derlei Postings, so Noggler, würden dem Ansehen des Hauses schaden.
Man könnte gut ertragen, dass es ein bisschen leiser würde in der Welt. Ich halte es mit dem deutschen Komiker Karl Valentin: „Wenn die stille Zeit vorbei ist, wird es auch wieder ruhiger.“
In diesem Sinne: Ihnen allen noch eine besinnliche Vorweihnachtszeit.
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