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Leitartikel
Einfluss nehmen auf die Zukunft
Aus ff 03 vom Donnerstag, den 16. Januar 2020
Eine Demokratie lebt davon, dass Bürger sie mitgestalten. Und die Politik sollte sich um die Rahmenbedingungen dafür kümmern. Es ist ein Geben und Nehmen.
Bei Gemeindewahlen geht es um jenen Teil der Politik, der die Bürger unmittelbar betrifft. Hier wird direkt über Personen und Sachthemen im engsten Umfeld entschieden – oftmals frei von Parteidenken. Es geht um simple und zugleich schwerwiegende Fragen: Steckt ein Ort das Geld lieber in neue Straßen oder in einen Kindergarten? Braucht es einen neuen Radweg oder einen neuen Gehsteig? Wie wichtig sind der Gemeinde Kitaplätze, und wie sehr will sie ein lebendiges Vereinsleben unterstützen?
Gemeindewahlen sind bedeutender als viele andere Wahlen. Aber obwohl die Abstimmung so direkte Folgen für das eigene Leben hat, nimmt der Wille ab, auf Gemeindeebene mitzureden. 2015 erreichte die Wahlbeteiligung 66,9 Prozent. Das war 7,7 Prozent weniger als fünf Jahre vorher. In St. Ulrich gingen 2015 gar nur 40,3 Prozent wählen – die Wahl war deshalb ungültig. Das ist bitter. Dabei geht es um so viel.
Es ist eigenartig, aber: Die Gemeinden sind in der Wahrnehmung der Bürger vielfach nicht mehr besonders wichtig. Manche glauben, kommunale Politik könne wenig ausrichten. Dieses geringe Interesse steht im Kontrast zu den lauten Rufen nach mehr Bürgerbeteiligung. Und auch zu den regelmäßigen Vorwürfen an die Politik, sie würde den Willen der Bürger missachten. Nun, zunächst muss der Wille auch einmal geäußert werden – dafür gibt es unter anderem Gemeindewahlen. In diesem Jahr wieder, am 3. Mai.
Politik betrifft nicht nur jeden, sie wird auch von allen gemacht. Demokratie bedeutet aktive Teilnahme am politischen Geschehen. Demokratie ist mit Aufwand verbunden. Aber Demokratie kann auch Spaß machen – wenn man sie leben kann und wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Alle Parteien klagen, wie schwierig es immer noch sei, engagierte und kompetente Frauen und kompetente junge Menschen für eine Kandidatur zu gewinnen. „Ich wünsche mir mehr Bürgermeisterinnen im Land“, sagte zum Beispiel SVP-Parteiobmann Philipp Achammer jüngst bei einer Pressekonferenz. Wünschen kann man sich natürlich vieles, nur muss man auch etwas dafür tun. Politisches Engagement können sich Frauen oft schlicht nicht leisten.
Sitzungszeiten am Nachmittag und frühen Abend. Neigung zu ausgedehnten Debatten, die ein verbindliches Sitzungsende untergraben. Mangelnde Flexibilität in der Arbeitsorganisation. Gemeindepolitik findet auch heute noch vielfach in starren, männlich geprägten Strukturen statt.
Ein Kulturwandel ist hier dringend nötig.
Wie wäre es zum Beispiel mit: Digitalisierung der Arbeitsprozesse. Flexible Arbeitszeiten. Homeoffice-Regelungen. Beteiligungsmöglichkeiten, die nicht an eine persönliche Präsenz in Sitzungen gebunden sind, zum Beispiel Skype-Konferenzen. Das Angebot von Kinderbetreuung während Sitzungen. Oder auch: Junge Talente in den Gemeinden früh genug fördern und motivieren.
Wie gesagt: In der Politik ist jeder gefragt. Und Politik ist im Grunde überall um uns herum. Demokratie beginnt im Kleinen. Ist doch eine tolle Sache, wenn man vor der eigenen Haustür etwas bewegen kann, oder? Und nur weil etwas mühsam ist, sollte man es nicht von vornherein sein lassen.
Wer seiner Gemeinde, der Dorfgemeinschaft und schließlich auch sich selbst helfen will, der muss sich einmischen.
Das Schöne an neuen Jahren ist, dass man noch träumen kann und hoffen und sich die nächsten Monate ausmalen, wie man mag.
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