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Leitartikel
Ferngesteuertes Leben
Aus ff 04 vom Donnerstag, den 23. Januar 2020
5G-Netze werden künftig so wichtig sein wie der Strom aus der Steckdose. Viele Fragen über den neuen Mobilfunkstandard aber sind nach wie vor offen.
An der Kombination aus einer Zahl und einem Buchstaben kommt man derzeit kaum vorbei – sie ist allgegenwärtig: 5G. G, das steht für Generation und 5G ist somit die fünfte Generation im Mobilfunkstandard. Dieses neue Netz soll mehr Daten in kürzerer Zeit transportieren können. Es soll weniger Strom verbrauchen. Und nicht nur wir Menschen, sondern auch viele Geräte und Maschinen sollen in Zukunft miteinander kommunizieren können: selbstfahrende Autos, Maschinenwartung aus der Ferne, medizinische Geräte, die autonom Befunde abgleichen oder medizinische Operationen, die aus der Ferne gesteuert werden. Kurzum: 5G werden Wunderkräfte zugesprochen.
Mit 5G verbinden sich also große Hoffnungen für eine Zukunft, in der alles mit allem vernetzt ist. Aber während die einen ob all der technischen Möglichkeiten frohlocken, fürchten die anderen negative Folgen für die Gesundheit durch eine steigende Strahlenbelastung.
Auch in Südtirol wird seit geraumer Zeit eifrig über das Thema debattiert. In diesen Tagen findet eine Reihe von Informationsveranstaltungen statt, ausgehend von Umweltlandesrat Giuliano Vettorato. Fachleute referieren über die neue Technologie, die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Südtirol, die elektromagnetische Strahlung sowie die gesundheitlichen Aspekte. Rund 1.600 Südtiroler haben bereits eine Petition gegen den Ausbau von 5G unterzeichnet – initiiert von der Bewegung „Bürgerwelle Südtirol“. Eine der großen Kritikpunkte: dass die Strahlen überall und in jeder Lebenssituation vorkommen.
5G, das ist unstrittig, birgt eine große Chance. 5G, das könnte aber auch zur Achillesferse unserer modernen Gesellschaft werden. Der neue Mobilfunkstandard wird Wirtschaft und Gesellschaft stark verändern, in erster Linie werden neue Geschäftsfelder entstehen, die Produktion in Industrie und Landwirtschaft wird zunehmend automatisiert, und die Smartphone-Elemente innerhalb des eigenen Hauses können optimiert werden. Ein banales wie praktisches Beispiel: Sobald ein Kühlschrank merkt, dass Butter und Milch ausgehen, informiert er den Besitzer darüber – oder bestellt gleich selbst nach. „Internet der Dinge“ lautet das Stichwort.
Schöne neue Welt also?
Mitnichten. Noch gibt es viele offene Fragen. Viele Zweifel. Viele Ängste.
Das neue Netz arbeitet mit höheren Frequenzen und braucht viel mehr Sendeanlagen. Wie hoch ist das Strahlenrisiko?
Die Entwicklung von 5G ist ein Wettlauf zwischen Europa, Asien und den USA. Welcher Netzwerkausrüster ist der richtige? Und welcher Ausrüster kann Angriffe von außen am besten abwehren?
Der Vorreiter in Sachen 5G-Technologie heißt Huawei und kommt aus China. Ist der Telekommunikationskonzern ein trojanisches Pferd, wie viele befürchten, das von Peking als Einfallstor für Spionage und Cyberangriffe genutzt werden könnte?
Inwieweit soll das neue Netz ausgebaut werden? Wird schnelles Internet etwa auch auf der Alm benötigt? Unsere Abhängigkeit von den digitalen Optionen wird noch einmal zunehmen. Was, wenn unsere Gesellschaft komplett lahmgelegt wird? Je mehr Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens digital gesteuert werden, desto einfacher ist es, den Aus-Schalter zu drücken.
Vor allem in den sozialen Medien und auf bestimmten Internetseiten wird gerne kolportiert, 5G sei eine Gefahr für die gesamte Menschheit. Was ist dran an der Panikmache? Welche Gefahr geht von 5G tatsächlich aus?
Die meisten technologischen Errungenschaften bieten viel Grund zur Euphorie. Sie dienen aber gleichermaßen dazu, Nachteile laut anzusprechen. Es ist also gut und wichtig, eine offene, ehrliche und tiefgründige Debatte über Chancen und Risiken von 5G zu führen. Am Ende obliegt es jedem Einzelnen von uns, wie weit er sich von der Digitalisierung steuern lässt.
Man könnte es hierbei mit dem britischen Naturforscher Charles Darwin halten, der einst sagte: „Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“
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