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Leitartikel
Nachhaltig blöd
Aus ff 05 vom Donnerstag, den 30. Januar 2020
Das Land will zukunftstauglich werden: Der Tourismus soll sanfter, die Landwirtschaft naturnäher und die Mobilität klimaneutral werden. Dumm nur, dass die Realität den guten Absichten in die Quere kommt.
Die Nachricht ging vergangene Woche beinahe unter: Die Landesregierung hat in Wengen im Gadertal zwei neue Tourismuszonen genehmigt. Zwei von drei, eine hat sie abgelehnt. Das sind drei der über fünfzig Tourismuszonen, die noch schnell genehmigt werden sollen – bevor das neue Gesetz für Raum und Landschaft im Juli in Kraft tritt. Torschlusspanik.
Die drei Tourismuszonen von Wengen haben eines gemeinsam: ein negatives Gutachten der Landschaftsschutzkommission. Die Landesregierung setzte sich vergangene Woche mit ihrer Entscheidung darüber hinweg, argumentiert, dass es neben diesem Gutachten die Gutachten anderer Behörden gebe, die positiv ausgefallen sind.
Die zuständige Landesrätin, Maria Hochgruber Kuenzer, erklärte die Entscheidung auf Rai Südtirol mit neuen Kriterien, die man künftig bei der Ausweisung von neuen Tourismuszonen anlegen werde: 1. Es muss eine Zufahrtsstraße vorhanden sein, nur ein Feldweg sei zu wenig. 2. Es muss bereits ein touristisches Angebot vor Ort bestehen. 3. Es müssen mindestens zehn Gebäude vorhanden sein.
Werden diese drei Kriterien erfüllt, stehe der Ausweisung einer neuen Tourismuszone nichts im Weg. Das klingt wie ein Witz, ist aber bittere Realität. Denn im Ernst: Um diese Kriterien in einem verbauten Land wie Südtirol nicht zu erfüllen, muss man schon weit gehen. Bis ins hinterste Wengen, und selbst dort erfüllen zwei von drei Projekten diese Vorgaben.
Das neue Gesetz für Raum und Landschaft wird damit weiter ausgehöhlt. Wobei: Das mit den zehn Gebäuden war ohnehin bereits drinnen, als Grundlage für die Siedlungsabgrenzungen. Wenn zehn Gebäude da sind, kann eine Siedlung abgegrenzt und damit gebaut werden. Zu Ende gedacht, bedeutet das, dass praktisch halb Südtirol als Siedlung ausgewiesen werden und damit bebaut werden kann. Statt dem Flächenfraß Einhalt zu gebieten, wird er befeuert. Vielleicht sollte man einfach das neue Gesetz verwerfen und das alte lassen, bis wirklich ein besseres erarbeitet ist.
Dies wäre auch im Sinne der „Nachhaltigkeit“, die sich die Landesregierung, die Landesverwaltung und die Landesgesellschaften auf die Fahne geschrieben haben. Sie wollen Südtirol zukunftstauglich machen: Der Tourismus soll sanfter, die Landwirtschaft naturnäher und die Mobilität klimaneutral werden. Dumm nur, dass die Realität den guten Absichten in die Quere kommt.
Und die Raumordnung ist nur ein Beispiel von vielen. Der Verkehrsplaner Helmuth Moroder sagte diesem Magazin vor einer Woche: „Wir müssen hin zu einer gesamtheitlichen Sicht. Dazu gehören alle Aspekte, zum Beispiel auch die Raumplanung. Eine sinnvolle und vorausschauende Raumplanung lässt keine Streusiedlungen mehr zu. Wir müssen konzentriert und vernünftig planen und bauen. Derzeit machen wir widersprüchliche Dinge: Auf der einen Seite fördern wir den öffentlichen Verkehr, auf der anderen planen und bauen wir dagegen an. Die Systeme konkurrieren gegeneinander.“
Das ist blöd. Nachhaltig blöd. Landeshauptmann Arno Kompatscher scheint dies erkannt zu haben. Er hält sich nun mit Klaus Egger sogar einen eigenen „Referenten für Nachhaltigkeit“. Der soll die Landesregierung und damit das ganze Land zukunftsfähig machen. Kein leichtes Unterfangen, wie Egger selbst einräumt. Aber notwendig.
Es ist nämlich zu wenig zu sagen, man wolle Südtirol zum begehrtesten nachhaltigen Lebensraum in Europa machen. Das sind leere Worte, solange man nichts tut, um sie mit Inhalten zu füllen.
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