Paul Köllensperger weiß jetzt, wie nah Macht und Ohnmacht beisammen liegen. Bis vor Kurzem nannten ihn einige politische Kollegen im Landtag ...
Leitartikel
Die Warnung der Athesia
Aus ff 35 vom Donnerstag, den 27. August 2020
Die Dolomiten attackieren Arno Kompatscher und Paul Köllensperger. Wie gehabt. Doch diesmal ist es etwas anders. Die SVP wehrt sich. Es wäre eine gute Nachricht, wenn die große Partei sich nicht mehr vom großen Verlagshaus einschüchtern ließe.
Der „krah“ in den Dolomiten ist kein besonderer Schreiber. Wenn er in die Tasten haut, dann wird es grob. Am vergangenen Samstag hat „krah“ es wieder getan, die Überschrift konnte gar nicht groß genug sein: „Wasser predigen und Wein trinken. Beispiele aus der Politik: A. Kompatscher und P. Köllensperger.“
Die Redewendung vom Wasser predigen und Wein trinken stammt aus dem Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen von Heinrich Heine und geht im Volltext so: „Sie sang das alte Entsagungslied, / Das Eiapopeia vom Himmel, / Womit man einlullt, wenn es greint, / Das Volk, den großen Lümmel. // Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, / Ich kenn auch die Herren Verfasser; / Ich weiß, sie tranken heimlich Wein / Und predigten öffentlich Wasser.“
Bei denen, die öffentlich Wasser predigen und heimlich trinken, handelt es sich also um Leute, die das Volk betrügen, von den anderen Verzicht verlangen, den sie selber nicht bereit sind zu üben.“
Worum geht es? Einerseits um ein Foto, das Arno Kompatscher mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und ein paar Musikanten zeigt. Die Runde steht eng zusammen, niemand trägt eine Maske. Das Foto ist schon einige Wochen alt, der Landeshauptmann hat sein Verhalten öffentlich bedauert. Andererseits geht es um die 600 Euro Staatshilfe, die Paul Köllensperger, Chef des Team K, eingesteckt hat. Darf er das? Natürlich nicht. Aber Köllensperger hat sich dafür schon bei Gott und der Welt entschuldigt und das Geld zurückerstattet. Man darf sich mit Fug und Recht fragen, ob das ein Vergehen ist, für das er für ewig in der Hölle schmoren muss.
Der „krah“ sitzt weit oben im Verlagshaus Athesia. Es handelt sich dabei vermutlich um Chefredakteur Toni Ebner. Er tritt nicht oft als Schreiber auf. Was in „krah steht, ist also Blattlinie, eine Hausmitteilung. Eine subtile Botschaft. Eine Warnung.
Warum also jetzt dieser Angriff aus dem Hause Athesia? Nun, man nutzt die Gelegenheit, versucht zu schwächen, wer einem gefährlich wird. Der Landeshauptmann hat zur Athesia, zu Michl Ebner & Co., immer kritische Distanz gewahrt. Oft genug hat er sich in Gesprächen verkniffen zu sagen, was er von der Athesia, den Dolomiten und den Ebner-Brüdern wirklich denkt. Er hat sich sogar erlaubt, „Medien unter dem Wahrnehmungsradar“ wie ff oder salto.bz Interviews zu geben, noch vor dem Tagblatt. Eine schwere Sünde, wie „krah“ vor einiger Zeit in einem Kommentar hammermäßig wie jetzt festgestellt hat.
Bei Paul Köllensperger, dessen Team K (mit jetzt 5 Abgeordneten) die stärkste Oppositionspartei im Landtag stellt, nutzt „krah“ die Gunst der Stunde, um ihn weiter zu schwächen. Oder weichzukochen. Schließlich könnte ja eines Tages das Team K das Land mitregieren. Und so die Macht der Athesia (weiter) schwinden. Dem gilt es vorzubeugen.
Das ist der wahre Hintergrund der Angriffe auf Arno Kompatscher und Paul Köllensperger. Es geht um Macht. Um Geld. Um die Förderungen des Landes. Das Verlagshaus baut Druck auf oder hält ihn hoch.
Aber jetzt ist etwas passiert.
Die SVP hat sich in einer Pressemitteilung (die nicht gezeichnet ist) hinter den Landeshauptmann gestellt. Ein Schulterschluss zwischen Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer, dem bisherigen Günstling der Dolomiten.? So weit wollen wir gar nicht gehen, aber es ist ein Zeichen.
Es wäre eine gute Nachricht – für Politik und Medienvielfalt im Land, wenn die große Partei sich nicht mehr vom großen Verlagshaus beeindrucken lassen würde. Doch wie man die Protagonisten kennt, werden sie bald wieder ein Auskommen miteinander finden, wird es nur ein kurzes Aufflackern von Zivilcourage gewesen sein.
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