Leitartikel

Die F-Frage

Aus ff 44 vom Donnerstag, den 29. Oktober 2020

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Es gibt immer noch zu viele rückwärtsgewandte Männer in der Südtiroler Politik. Sie können nicht mit Frauen, besonders dann nicht, wenn sie kompetent und intelligent sind.

Südtirol war Männerland, ist Männerland und wird es fürs Erste wohl bleiben. Leider. Bitter ist das, aber zu welch anderem Schluss soll man kommen, wenn man sieht, wie Politikerinnen nach den geschlagenen Gemeinderatswahlen behandelt werden. Nehmen wir Meran. Niemand hat so viele Stimmen bekommen wie Madeleine Rohrer. Und jetzt muss sich die junge Frau für ihren formulierten Anspruch auf eine Spitzenposition im neuen Stadtrat fast schon entschuldigen! Nehmen wir Kaltern. Der meistgewählten SVP-Kandidatin Margareth Greif wird ein Platz im Ausschuss verwehrt. Nehmen wird den Landtag. Die Vertretung von Frauen in den Gemeindekommissionen für Raum und Landschaft wird künftig gekürzt. Nicht mehr ein Drittel Frauen pro Kommission, sondern nur noch eine Frau pro Kommission soll ausreichen. Diese Vertreibung der Frauen aus der Politik geht übrigens auf das Team K zurück. Sie haben einen entsprechenden Änderungsantrag in der Gesetzgebungskommission gestellt.

Das alles lässt nur den Schluss zu, dass es zu viele rückwärtsgewandte, konservative Männer in der Südtiroler Politik gibt. Sie können nicht mit Frauen, besonders dann nicht, wenn sie kompetent, intelligent sind, und sind sie dazu noch jung, dann ist entschlossener Widerstand angesagt. Denn diese Kombination ist eindeutig zuviel für sie.

Frauen müssen nichts mehr beweisen in der Politik. Warum? Weil sie längst schon bewiesen haben, dass sie viel davon verstehen, dass sie mitunter bessere Politik machen als Männer, sie haben immer und immer wieder gezeigt, dass dieses Land Frauen in der Politik dringend braucht.

Nein, nein, gegen Frauen in der Politik habe man nichts. Das sagt derzeit die SVP in Meran und blockiert gleichzeitig Rohrer als Stadträtin; das sagt das Team K und stellt gleichzeitig den Antrag, der die Zahl der Frauen in den besagten Gemeindekommissionen reduziert. Man sorge sich halt, ob man wirklich genügend Technikerinnen finden würde für diese Kommissionen. Angesichts so viel verlogenen männlichen Paternalismus muss man erst mal schlucken. Für den Antrag stimmten übrigens die SVPler Franz Locher, Manfred Vallazza (der denselben Antrag vorbereitet hatte) und Helmuth Tauber, sowie der Freiheitliche Andreas Leiter Reber. Wenn es gegen Frau geht, dann kennen Männer keine Parteigrenzen, dann finden sie schnell zur Kumpanei.

Es hilft nichts. Wir brauchen eine Quotenregelung, wenn die Frauen vorankommen wollen. Sie wird das Problem nicht von heute auf morgen lösen. Aber ein notwendiger Wandlungsprozess wird damit erst einmal angestoßen. Nur dann kann sich substanziell etwas ändern – auch an dem Stil, der in der Politik gelebt wird.

Das gute Wahlergebnis für Madeleine Rohrer in Meran zeigt auch die Sehnsucht der Wähler nach einem neuen Politikstil. Ein Stil, der mehr auf Inhalt als auf Lärm setzt, mehr auf einen kommunikativen Führungsstil als auf plumpes „Basta“-Sagen.

Die Südtiroler Politik kann es sich nicht leisten, die Frauen zu verlieren. Es ist nicht gut, wenn sich Frauen abwenden, denn dieses Land braucht ihr politisches Engagement, ihre Erfahrungen, ihr Wissen, ihre Intelligenz, ihre Klugheit.

In einer Südtiroler Gemeinde hat man das verstanden. Tscherms. Die kleine Gemeinde bei Lana ist die erste im Land, in der künftig mit acht von 15 Gemeinderäten mehr Frauen als Männer sitzen. Sechs davon stellt die SVP, eine die Südtiroler Freiheit und eine die Bürgerliste. Vorne dran: eine Bürgermeisterin. Also, es geht auch anders.

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