Der Handels- und Dienstleitungsverband und der Erwerb von Masken. Panorama-Meldung in ff 6/21
Leitartikel
Alle gegen alle
Aus ff 07 vom Donnerstag, den 18. Februar 2021
Ja, diese Pandemie ist nur noch schwer auszuhalten. Aber wir kommen aus ihr nur heraus, wie wir hineingeraten sind: gemeinsam.
Ob reich oder arm, ob jung oder alt, ob Einheimischer oder Ausländer – das -Corona-Virus macht keine Unterschiede. Es kann alle treffen. Das Virus ist der große Gleichmacher. Deswegen werden wir diese Krise nur gemeinsam bewältigen können. Wir werden näher zusammenrücken, solidarischer sein, freundlicher und offener den Angehörigen gegenüber, den Freunden und Nachbarn. Wir werden alles in allem bessere Menschen werden. Das jedenfalls haben viele von uns geglaubt.
Heute, ein Jahr später müssen wir nüchtern erkennen: Das war eine Illusion. Corona hat in aller Klarheit und Brutalität unsere Schwächen aufgedeckt, im Kleinen wie im Großen. Wir erleben inzwischen einen Kampf aller gegen alle, auf allen Ebenen.
Nehmen wir den Landtag als Beispiel. Die Landesregierung verabschiedete jüngst auf chaotische Weise einen weiteren Lockdown-Erlass. Die Opposition kritisierte das. Was zu einem normalen parlamentarischen Alltag gehört, mündete in den vergangenen Tagen in einen unwürdigen Streit. Man redete aneinander vorbei und beschimpfte sich. Da war wenig übrig geblieben vom demokratischen Streit, dem sich die Politiker nach eigenen Worten verpflichtet fühlen. Dabei wäre die konstruktive Debatte, je länger die Pandemie dauerte, ungemein wichtig.
Dasselbe Schauspiel sehen wir im Gesundheitswesen. Krankenhaus- und Basisärzte schlagen Alarm, sagen, man habe die Kontrolle verloren, ja, die Situation sei selbst für Pflegekräfte und Ärzte ungemein gefährlich geworden. Und was sagen die Verantwortlichen der Sanität? Sie weisen jede Kritik von sich und wiederholen wie ein Mantra, dass man die Lage noch im Griff habe. Es ist so, als lebten die Protagonisten in zwei verschiedenen Welten. Man versteht sich nicht.
Nein, die Pandemie hat uns nicht zusammenrücken lassen. Das Gefühl, mit allen das gleiche Schicksal namens Corona zu teilen, ist schon lange verblasst. Die einzige Gemeinsamkeit, die wir pflegen, ist das Schimpfen und das Fordern: Da muss doch eine Strategie her, die dem Chaos ein Ende setzt! Und: Wann bitte hört das ganze Elend endlich auf?
Ja, es ist nur noch schwer auszuhalten: Die steigenden Infektionszahlen, die vielen Toten, das nervenaufreibende Homeoffice samt Homeschooling, das traurige Abstandhalten, die vielen Arbeitslosen, die Angst vor der Zukunft. Es hilft alles nichts, aber wir kommen aus dieser Pandemie nur heraus, wie wir hineingeraten sind: gemeinsam.
Zusammen schaffen wir es, wenn wir nicht nur zur Solidarität aufrufen. Wir müssen sie leben. Wir müssen aufhören mit den gegenseitigen fruchtlosen Schuldzuweisungen. Wir müssen zurückfinden zur konstruktiven Auseinandersetzung.
Das sollte nicht zu viel verlangt sein. Wenn wir nämlich diese Pandemie nicht überwinden, wenn wir so weitermachen, dann vertiefen wir die gesellschaftliche Krise. Dann wird jeder dem anderen ein Wolf.
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