Leitartikel

Alarm im Klimaland

Aus ff 38 vom Donnerstag, den 23. September 2021

Leitartikel 38/21
Leitartikel 38/21 © FF Media
 

Die Landesregierung will den Klimaplan „updaten“, also aktualisieren. Sie zieht einige Dinge „in Betracht“ oder möchte „stärker diversifizieren“. Das allerdings wird nicht reichen.

Die Alarmglocken sind ohrenbetäubend.“ Das sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, Anfang August in New York. In Sachen Erderwärmung gelte der „Code Red“: Wenn wir jetzt unsere Kräfte bündelten, könnten wir die Klimakatastrophe noch abwenden.

Das klingt wie ein letzter verzweifelter Warnruf an die Weltgemeinschaft – und das ist es auch. Wenn im November im schottischen Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz zusammentritt, müssen die Staaten der Erde liefern. Wie sie es eigentlich schon 1992 beim Erdgipfel in Rio hätten tun sollen.

Seitdem wurden allerlei Ziele formuliert und die Einsparung von Treibhausgasen versprochen. Dazu gekommen ist es nicht. In den vergangenen dreißig Jahren sind die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen um etwa die Hälfte gestiegen. Anstatt gesunken.

Südtirol hat seit 2011 einen Klimaplan. Es wurde auch ein bisschen was getan, um CO2 einzusparen: Man förderte etwa die energetische Sanierung von Häusern oder weitete den öffentlichen Verkehr aus. Das ist zwar nett, viel gebracht hat das bisher aber nicht.

In einem Papier der Landesregierung lesen wir, dass der Anteil der erneuerbaren Energien seit 2008 von 57 auf 64 Prozent gestiegen ist. Für 2020 wären 75 Prozent angepeilt gewesen.

Die CO2-Emissionen pro Person sind im selben Zeitraum von 4,5 auf 4,4 Tonnen gesunken. Für 2020 wären 4,0 Tonnen angepeilt gewesen.

Und die Dauerleistung pro Person, also die gesamte Energie, die wir verbrauchen, ist von 2.800 auf 3.000 Watt gestiegen. Für 2020 wären 2.500 Watt angepeilt gewesen.

Nun will die Landesregierung den Klimaplan „updaten“, also aktualisieren. Das liest sich so gar nicht nach lauten Alarmglocken. Im Gegenteil. Man klopft einander ein wenig auf die Schulter, sagt, dass man schon viel erreicht habe – und nun die nächsten Schritte setzen wolle. Man zieht etwa die Einspeisung von Biogas in das Methangasnetz „in Betracht“ oder möchte erneuerbare Energiequellen „stärker diversifizieren“.

Das erinnert an ein Auto, das man schneller machen möchte mithilfe eines neuen Heckspoilers. Dabei müsste man doch ganz dringend etwas am Motor ändern. Nur tut man das nicht. Denn das ist aufwendig und teuer. Man fürchtet um den Wohlstand, den Komfort, hat es lieber bequem.

So ticken wir Menschen, und so tickt die Landesregierung. Die Erderwärmung lässt sich so aber nicht einbremsen. Um es klar zu benennen: Das, was in diesen Papieren steht, liebe Landesregierung, wird nicht reichen. Nur ein wenig an den Stellschrauben zu drehen – ein bisschen mehr Biomasse hier, ein wenig mehr Effizienz dort – damit ist die Klimakatastrophe nicht mehr abzuwenden.

Wissenschaftler wie der Glaziologe Georg Kaser mahnen eindringlich eine drastische Änderung unserer Lebens- und Wirtschaftsweise an. Sie sagen, wir dürfen nicht weiterhin Öl und Gas verbrennen wie bisher. Und wir müssen endlich aufhören, die Wälder abzuholzen und die Meere zu verschmutzen. Damit sich die Erde und das Klima erholen können.

Wobei es gar nicht einmal um den Planeten geht, sondern um das Fortbestehen der Menschheit. Klimaschutz ist Menschenschutz. Denn die Erde wird weiterbestehen, unabhängig davon, ob sie sich um 3 oder 5 Grad erwärmt. Nur eben mit anderen Lebewesen an Bord.

Daher kann das Ziel nur heißen: Runter vom Gas, weg von Öl und Kohle! Konkret für uns Menschen bedeutet das zum Beispiel, keine Wochenendausflüge mehr mit dem Flieger nach London; Energiesparen auf allen Ebenen; und Schluss mit dem unbegrenzten Konsumieren und Wegwerfen.

Das Leben jedes Einzelnen von uns muss erneuerbar werden. Was wir heute verbrauchen, muss unseren Kindern morgen wieder zur Verfügung stehen. Nur das ist nachhaltig, um dieses Modewort zu gebrauchen. Und das muss unser Ziel sein.

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