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Leitartikel
Das Neue ist das Alte
Aus ff 27 vom Donnerstag, den 07. Juli 2022
Südtirol braucht Entscheidungen, die in die Zukunft weisen. Dazu ist die SVP nicht imstande. Nach der Sad-Affäre hat sich in der Partei wenig geändert.
Die SVP ist eine leidensfähige Partei. Krisen erfassen sie immer wieder. Die letzte Krise ist erst ein paar Monate her, die sogenannte Sad-Affäre. Die Partei hat versprochen, in sich zu gehen.
Doch hat sich wirklich etwas geändert, außer dass ein paar unliebsame „Parteifreunde“ aus dem Spiel genommen wurden?
So wie es aussieht, wie die Partei agiert, wie sie sich Reformen widersetzt, wie sie die Vorhaben von Kapitän Landeshauptmann Arno Kompatscher oder Landesrat Arnold Schuler (Landwirtschaft und Tourismus) boykottiert, hat sich nichts geändert.
Die „Parteifreunde“ haben immer noch nicht verstanden, dass sie nicht mehr die Interessen von Seilschaften bedienen können. Man nehme nur das neue Tourismus-gesetz (Bettenstopp!), das von zwei Seiten angegriffen wird, von den Bauern und von den Hoteliers. Auf je eigene Weise widersetzen sie sich dem Ziel, dem Tourismus Grenzen zu setzen.
Bei der Sad-Affäre ging es um den Versuch einiger mächtiger Männer (in der Partei), nach den Landtagswahlen 2018 die Bildung der Landesregierung zu beeinflussen. Die Abhörprotokolle der Staatsanwaltschaft legen offen, wie sie agierten. Sad-Chef Ingemar Gatterer wollte mithilfe von Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder Thomas Widmann als Landesrat für Mobilität installieren – Gatterer erhoffte sich von Widmann einen geneigten Umgang mit der Sad. Widmann verlor dabei ein paar abfällige Worte über den Landeshauptmann – und deswegen seinen Job als Landesrat für Gesundheit. Mit verwickelt in die Geschichte sind auch Ex-SVP--Senator Hans Berger, SVP-Senator Meinhard Durnwalder, der damalige SVP-Obmann des Bezirks Bozen, Christoph -Perathoner. Sie alle waren für Ingemar Gatterer zugange.
Der Aufruhr war groß, die Folgen sind ein paar Personalverschiebungen. Thomas Widmann ist nicht mehr Landesrat, Christoph Perathoner nicht mehr Bezirksobmann, Gert Lanz nicht mehr Fraktionssprecher der SVP im Landtag, Karl Zeller, stellvertretender SVP Parteiobmann, der die Affäre zur Sprache brachte, erscheint nicht mehr zu den Sitzungen der Partei. Luis -Durnwalder, neben Gatterer Hauptdarsteller in der Affäre, kam davon, als habe er nur eine stumme Nebenrolle eingenommen.
Das war’s. Es gab keine Verhaltensänderung. Die Selbstkritik war Rhetorik. Im Hintergrund herrschen weiterhin die alten Seilschaften. Man pflegt Partikularinteressen, fällt einander bei Abstimmungen in den Rücken, die SVP-Fraktion im Landtag ist Mehrheit und Opposition zugleich, es wird weiter gegockelt, der Landtagsabgeordnete Franz Locher etwa, ein „Parteifreund“ der alten Schule, wird vorgeschickt, um -Landeshauptmann Kompatscher zu sekkieren.
Früher, da raufte man sich zusammen, heute brechen jeden Tag neue Bruchlinien in der SVP auf. Das ist weder für die Partei gut und schon gar nicht für das Land. Südtirol braucht mutige Entscheidungen, wenn es darum geht, den Klima-wandel zu begrenzen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, Wohnen erschwinglich zu machen und zu verhindern, dass Menschen durch die Inflation verarmen. Das geht nicht mit einer Mehrheitspartei, deren Mitglieder in verschiedene Richtungen ziehen.
Im Moment scheint es nicht so, als hätte die SVP, als hätten SVP-Parteiobmann Philipp Achammer oder Landeshauptmann Arno Kompatscher eine Idee, wie sie diese Krise (die an die Substanz geht) überwinden können.
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