Neben zwei Briten wurde auch der Marokkaner Brahim Saadoun in der selbsternannten Volksrepublik Donezk zum Tod verurteilt. Was er getan hat? Die Ukraine verteidigt.
Leitartikel
Kommen wir ins Tun!
Aus ff 29 vom Donnerstag, den 21. Juli 2022
Um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, brauchen wir keine Studien mehr. Wir wissen, was zu tun ist. Handeln wir nicht, ist es bald zu spät.
Der Gletscherabbruch an der Marmolata mit elf Toten hat viel Betroffenheit ausgelöst. Die Reaktion der Wissenschaft ist eindeutig: Das ist die Folge des Klimawandels. Menschgemacht. Wir spüren den Klimawandel gerade am eigenen Leib – Temperaturen, die sich in Südtirol den 40 Grad nähern. Die Sommer werden heißer.
Passiert jetzt endlich etwas, um die Erderwärmung einzudämmen, kommen wir vom Handeln ins Tun? Betroffenheit allein ist ein schwacher Motor für Veränderung, das hat die Pandemie gezeigt. Für Veränderung braucht es einen Anschub von unten wie oben. Aber die Fridays for Future sind in der Pandemie erlahmt, zuletzt zog nur mehr ein Häuflein durch Bozen. Und die Politik ist viel zu zögerlich. Sie getraut sich nicht den Leuten zu sagen, dass wir verzichten müssen (Flüge, Autofahrten zur Arbeit, Fleisch, …). Denn Katastrophen wie auf der Marmolata, Unwetter, Überschwemmungen, Lawinen schränken unsere Freiheit ein.
Wissenschaftler wie Georg Kaser sind jetzt ganz laut und warnen (siehe Gastkommentar auf Seite 43), lange waren sie viel zu leise gewesen, zu scheu, öffentlich laut zu werden. Die Forschenden sind zu Aktivisten geworden, sie dürfen jetzt nicht aufhören, laut zu sein, die Politik zu nerven. Sie müssen freilich aufpassen, nicht in Katastrophen-
rhetorik zu verfallen. Das schreckt die Leute oft genauso ab wie die Katastrophe selber.
Kaser studiert die Lage schon seit Jahren, jeder hatte Zugang zu seinen Erkenntnissen, konnte wissen, wie es um das Klima steht. Doch passiert ist wenig. Im Landtag wird gerade darüber gestritten, welchen Tourismus wir wollen. Wollen wir die Zahl der Betten und damit der Ankünfte, das heißt der Bewegungen im Land, beschränken oder nicht? Reichen 33 Millionen Übernachtungen wie 2019? Wie hilflos die Politik oft agiert, beweist jetzt die italienische Regierung. Sie hat angekündigt, die Gletscher zu beobachten. Wenn wir jetzt nur beobachten, wird es bald nichts mehr zu beobachten geben.
Haben wir verstanden, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, wenn es um das Klima geht, dass es ernst ist? Nein, haben wir nicht, wenn wir weiter nur Studien erstellen, ein Nachhaltigkeits-Festival für viel Geld veranstalten oder auf Nachhaltigkeits-Tour gehen wie der Landeshauptmann. Das ist gut gemeint, aber es zögert die Maßnahmen hinaus, die notwendig sind, um den Klimawandel und dessen Folgen zu begrenzen. Zu begrenzen wohlgemerkt, nicht gänzlich aufzuhalten oder rückgängig zu machen. Denn wir leben in einem Zeitalter, in dem die Folgen der Ausbeutung der Natur durch den Menschen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Also liegt die Verantwortung für den Umgang mit Ressourcen und Natur auch bei jedem Einzelnen.
Das bedeutet nicht nur, Müll trennen, Plastik vermeiden oder weniger Energie verbrauchen. Verantwortung bedeutet Engagement, politisches Engagement. Es genügt nicht, Facebook-Petitionen zu schreiben oder sich irgendwo mit einem Schild hinzustellen. Nichts dagegen, aber wer die Welt bewahren will, muss sich auch um die Demokratie kümmern, den Marsch durch die Institutionen antreten.
Das ist mühsam, aber anders ist die Welt nicht zu retten.
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