Nachgefragt: (aw) „Der Tag der Offenen Jugendarbeit“ wurde letzten Samstag in Schlanders gefeiert. Simon Feichter vom Dachverband „netz | Offene Jugendarbeit“ erklärt, was das heißt.
Leitartikel
Wählen schützt die Demokratie
Aus ff 38 vom Donnerstag, den 22. September 2022
Es gibt einen einfachen Weg, sich um die Demokratie zu kümmern: wählen gehen. Kümmern wir uns, damit wir auch in Zukunft frei leben können.
Demokratie ist eine mühsame Angelegenheit. Sie ist langsam, erfordert Kompromisse – wer nicht kompromissfähig ist, hat in der Politik eigentlich nichts verloren. Entscheidungen dauern länger, weil im besten Fall oben keiner sitzt, der selbstherrlich entscheiden kann. Der oben muss sich (im besten Fall) an Regeln und Gesetze halten, den Konsens suchen und transparent informieren und entscheiden. Das heißt aber auch: Politik ist nur Sache von denen da oben.
Freilich: Viele sehnen sich nach einem starken Mann und einer starken Frau wie Giorgia Meloni (siehe die Titelgeschichte in dieser Ausgabe), nach jemandem, der oder die durchgreift. Die Demokratie, wir wissen es aus Geschichte und Gegenwart (siehe Ungarn!), ist ständig autoritären Versuchungen und Verlockungen ausgesetzt. Wer ihr nachgibt, schadet sich selber, setzt die eigene Freiheit aufs Spiel – und die von uns allen. Und merkt womöglich nicht, dass eine Demokratie sich langsam in etwas anderes verwandelt, in ein Gemeinwesen, in dem man vielleicht noch reden kann, aber nichts zu sagen hat, oder am Ende ausgegrenzt oder verfolgt wird, seine Arbeit verliert, wenn man den Mund aufmacht. So ist es zum Beispiel im Moment in Russland.
Die Demokratie ist ein kostbares Gut. Ein Weg, sie zu verteidigen, ist mitzureden, sich politisch zu engagieren, sich einzumischen. Das erfordert (ein bisschen) Courage, vor allem, wenn man mit den Mächtigen nicht einverstanden ist; das erfordert Zeit und Ausdauer – man darf es nicht eilig haben; das erfordert ein dickes Fell, in einer Zeit, wo die sozialen Medien Politiker alles nennen dürfen.
Es ist ein trauriges Faktum: Die Politik, so wie sie ist, hält die Leute (Frauen sowieso, weil auf ihnen die Hauptlast der Hausarbeit und der Kindererziehung liegt) davon ab, sich zu engagieren, bei Wahlen zu kandidieren oder sich in Parteien einzuschreiben. Die Politik dient manchmal nur Sonderinteressen, ist sehr selbstbezogen – die SVP mit ihren Affären ist ein Beispiel dafür.
Die Demokratie ist im Moment fragil, krisengebeutelt, angefressen von Mutlosigkeit oder Opportunismus der Mächtigen. Man darf sie kritisieren, auch scharf, aber nicht diskreditieren. Denn etwas Besseres als sie gibt es nicht. Es liegt nicht nur an den Politikern in Bozen oder Rom, sondern auch an uns selber, sie zu schützen, uns vor sie zu stellen, sie vor Parteien zu schützen, die billige Lösungen haben, die Arme auf-einander hetzen, Nationalismus verherrlichen, die Verfassung autoritär umbauen wollen.
Der einfachste Weg, die Demokratie zu schützen, ist zum Beispiel am Sonntag wählen zu gehen. Das kostet nichts, dafür muss man nicht einmal mutig sein, sich nur ein paar Schritte bewegen.
Wählen ist ein Recht, das unsere Vorfahren sich hart erkämpft haben – wir sollten es nicht durch Nachlässigkeit oder Trägheit verspielen. Die, die es für uns erkämpft oder zurückerkämpft haben, haben ihr Leben dafür riskiert oder gelassen.
Wählen ist auch eine Pflicht. Es ist das Wenigste, was wir tun können für ein Gemeinwesen, das dafür sorgt, dass wir in Freiheit und Sicherheit leben können. Gehen wir wählen und sorgen wir dafür, dass wir in Freiheit leben können.
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