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Leitartikel
Die Herren von gestern
Aus ff 42 vom Donnerstag, den 20. Oktober 2022
Wer Mussolini verehrt oder Putin versteht, kann in Italien Präsident des Senats oder der Kammer werden. Kann die SVP da blockfrei bleiben?
Zwei Herren stehen nun an der Spitze der beiden Kammern des italienischen Parlaments. Sie verbindet, dass sie in den Rechtsparteien, denen sie angehören, noch einmal weit rechts draußen stehen. Und sie sind enge Vertraute ihrer jeweiligen Parteivorsitzenden Giorgia Meloni und Matteo Salvini. Giorgia Meloni, die künftige Ministerpräsidentin, versucht zwar in verschiedenen Sprachen (außer auf Deutsch, darauf reagiert sie nach eigenem Bekunden allergisch), die EU und die Finanzmärkte zu beruhigen, aber der engste Kreis ihrer Vertrauten besteht aus Rechtsextremen.
Einer davon ist Ignazio La Russa, 75, ein hartgesottener Altpolitiker, der gerne mit den Symbolen des Faschismus spielt. Benito ist sein zweiter Vorname. La Russa ist Melonis politischer Ziehvater.
Seine Wahl ist ein Zeichen: Wir sind jetzt an der Macht, wir „Fratelli“ müssen uns für nichts schämen. Sie ist eine Prämie für die Nostalgiker in der Partei, für die Leute, die noch einen Fuß im MSI haben, der nach dem Zweiten Weltkrieg das Erbe des Faschismus gepflegt hat. Dazu gehört auch Giorgia Meloni, sie ist geprägt von „Dio, patria e famiglia“.
Auch Lorenzo Fontana, 42, von der Lega passt gut in -dieses alte Weltbild. Er ist der neue Präsident der Abgeordnetenkammer, ein katholischer Fundamentalist, ein Putinversteher, der gegen Homosexuelle hetzt, Organisator des Familienkongresses von 2019 in Verona, auf dem sich Rechtsextreme aus ganz Europa trafen. Auch Giorgia Meloni war damals dabei, sie fühlte sich sichtlich wohl, ihr galt der meiste Applaus.
Die Wahl von La Russa und Fontana ist ein Warnzeichen, sie zeigt die Richtung an. Die äußerste Rechte nimmt sich alles, sie wird versuchen, die Rechte von Homosexuellen und Frauen zu beschränken und nach dem Grundsatz handeln: Italien, Italien über alles.
In Südtirol haben die Dolomiten die Erben Mussolinis mit der „Fiamma Tricolore“ im Parteizeichen schon für hoffähig erklärt. Toni Ebner, Chefredakteur des Tagblattes, und sein Bruder Michl, Präsident des Verlagshauses Athesia und der Handelskammer, pflegen schon lange gute Kontakte zur Rechten, insbesondere zur Lega; jetzt versuchen sie, Beziehungen zu „Fratelli -d’Italia“ aufzubauen. Es gilt, die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu wahren.
Und die SVP? Die SVP war zuerst forsch, dann wankelmütig. Aus dem Nein zu „Fratelli -d’Italia“ und Giorgia Meloni wurde schnell ein Jein. In der Kammer gaben Manfred Schullian, Renate Gebhard und Dieter Steger bei der Präsidentenwahl einen weißen Stimmzettel ab. Und im Senat? Julia Unterberger hat sich gegen La Russa ausgesprochen. Aber Meinhard Durnwalder? Weiß man nicht, er sagt es nicht. Genauso transparent verhält sich sein Kollege Luigi Spagnolli. Darf das Wahlvolk nicht wissen, wie sie sich bei einer wichtigen Abstimmung verhalten?
Wenn jetzt Roberto Calderoli von der Lega Regionenminister wird, kann es durchaus sein, dass die SVP sich der Linie von Toni Ebner beugt und sagt: Calderoli ist doch ein Freund der Autonomie. Und auch Giorgia Meloni nicht so schlimm. Hielte man sich freilich an die eigenen Parteistatuten, müsste man ein Bündnis mit Leuten, die Mussolini für einen großen Staatsmann halten, von vornherein ausschließen.
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