seit 3.143 Tagen ist Philipp Achammer Obmann der Südtiroler Volkspartei. Ein schwieriges Amt, das er vor rund achteinhalb Jahren von ...
Leitartikel
Fachkräfte gesucht
Aus ff 02 vom Donnerstag, den 12. Januar 2023
Die Sad-Affäre, vor 13 Monaten ausgebrochen, offenbart zwei Dinge: 1. Die SVP ist nicht besser als jede andere x-beliebige Partei. 2. Die Opposition misstraut sich selbst.
Unter dem Titel „Die Abgründe der Politik“ berichtete dieses Magazin (ff 50/2021) am 16. Dezember 2021 erstmals über die Sad-Affäre. Abhörprotokolle legten ein erschreckendes Sittenbild offen, an dem vor allem männliche Entscheidungsträger der SVP eifrig gearbeitet hatten. Statt für die Allgemeinheit zu arbeiten, verstrickten sie sich in einem Netz aus Intrigen und Eigeninteressen.
Erstmals bekamen die Menschen in Südtirol eine konkrete Vorstellung davon, wie hinter den Kulissen für private Anliegen – des Transportunternehmens Sad – gearbeitet wurde. Wenn Sad-Boss Ingemar Gatterer etwas brauchte, aktivierte er einfach seine Kontaktmänner innerhalb der Regierungspartei. Und schon begannen sie in seinem Sinne zu laufen.
Das war Lobbyarbeit in Reinform, garniert mit deftigen Worten für die Leute aus der eigenen Partei. Später, im März 2022, noch einmal im Detail nachzulesen – und im Internet nachzuhören – im Buch „Freunde im Edelweiß“.
Das bestürzte viele Menschen im Lande, auch jene in der SVP. Aber welche Konsequenzen sind seitdem gezogen worden? Hat sich konkret etwas verändert? Ist es der Regierungspartei gelungen, die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen?
Die traurige Antwort ist: leider nicht. Im Gegenteil. Die SVP und ihre Spitzenleute Philipp Achammer (Obmann) und Arno Kompatscher (Landeshauptmann) fanden keine Lösungen, ja nicht einmal einen gemeinsamen Nenner. Zwei Lager in der Partei stehen einander nach wie vor feindlich gegenüber, hier die Fans von Kompatscher, dort seine Gegnerschaft.
Um beide Lager zufriedenzustellen, mussten je zwei Leute das Feld räumen. Hier Gert Lanz und Karl Zeller, dort Thomas Widmann und Christoph Perathoner. Danach wollte die SVP wieder zum politischen Tagesgeschäft übergehen. Doch das funktionierte nicht. Es fehlten Tatkraft, Mut und vor allem gemeinsame Visionen.
Die Sad-Affäre offenbart 13 Monate nach ihrem Ausbruch zwei Dinge: 1. Die SVP ist nicht besser als jede andere x-beliebige Partei. 2. Die Opposition misstraut sich selbst.
Zu Punkt 1 ist oben schon einiges gesagt worden. Dazu kommt die Arbeit im Landtag, die die Regierungspartei mit Ach und Krach weiterzieht. Die 15 SVP-Abgeordneten erinnerten so manches Mal eher an einen Hühnerhaufen, denn an eine ernst zu nehmende politische Kraft.
Doch auch die Opposition im Landtag hat keine gute Figur gemacht. Anstatt das Taumeln der Regierung (zu der auch die praktisch inexistente Lega gehört) auszunutzen, sorgte sie sich um die SVP, beklagte ihre Führungsschwäche. Einige biederten sich gar als Juniorpartner einer künftigen Regierung unter SVP-Herrschaft an. Gerade so, als ob Team K, Grüne oder Freiheitliche Angst davor hätten, selbst zur größten politischen Kraft aufzusteigen und eine Regierung bilden zu müssen. Freilich, ihnen fehlen die dafür erforderlichen Fachkräfte. Das ist ein Dilemma. Trotzdem haben sie die Möglichkeit, den Fachkräftemangel bei der Landtagswahl im Herbst 2023 zu beheben. Das gilt auch für die SVP.
Die Sad-Affäre hat die Suche der Parteien nach Personal nicht unbedingt erleichtert. Welcher halbwegs qualifizierte und vernünftige Mensch will sich heute noch Politik antun?
Dennoch: Südtirol hat mehr verdient als das Trauerspiel der vergangenen 13 Monate.
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