Leitartikel

Geld frisst Natur

Aus ff 21 vom Donnerstag, den 25. Mai 2023

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Die Fluten in der Emilia-Romagna, der Stein, der vom Berg fällt. Wollen wir Katastrophen verhindern, müssen wir rasch handeln.

Es gibt die Zeichen, wenn man sie sehen will. Die Flutkatastrophe in der Emilia-Romagna, der Stein, der in Latsch vom Berg fiel, die Straßen, durch die sich jetzt schon Einheimische und Touristen quälen. Die Natur verändert sich, weil wir nicht haushalten, sie gar zerstören. Weil wir einfach weitermachen, auch wenn die Regierenden das Gegenteil behaupten.

Wie wir weitermachen, kann man, wenn man will, an der Bilanz der Brennerautobahn AG ablesen: Sie ist gut wie noch nie, geschuldet dem Anschwellen des Verkehrs; und an der Bilanz der Fercam, des Transportriesen mit Sitz in Südtirol. Die Fercam hat im vergangenen Jahr ordentlich Geld verdient. Dabei ist doch die Branche ihren Vertretern zufolge todkrank, weil in Tirol Fahrverbote gelten. Wie geht das zusammen: fette Gewinne und sterbenskrank?

Die Tiroler im Norden sind schlauer und konsequenter als wir Tiroler im Süden: Sie wissen, dass sie sich nicht schützen können, wenn sie mit den Frächtern und ihren Lobbyisten, die in Italien und Deutschland in der Regierung sitzen, verhandeln. Die Tiroler im Norden wagen es zu verbieten. Wer will, dass nicht Tag und Nacht gefahren wird, muss Verbote erlassen, denn Eigenverantwortung kennen die Frächter nicht. Sie jammern ja sogar, dass jetzt die Lueg-Brücke auf der österreichischen Seite der Brennerautobahn saniert werden muss. Sie ist marode, mürbe gefahren von den vielen Brummis. Was soll die Betreibergesellschaft anderes tun, als die Brücke neu zu bauen, wenn sie nicht Leben riskieren will.

Wie aber hängen Katastrophen und gute Bilanzen der A22, der Fercam oder der Skyalps zusammen? Sie zeigen, dass wir in die falsche Richtung fahren oder uns verfahren haben. So wie es ist, wird nicht die Umwelt geschützt, sondern die Profite. Während über Umweltschutz und Nachhaltigkeit mehr denn je geredet wird, steigen der Verkehr und die Profite derjenigen, die fahren lassen, was immer geht. Die Regierenden in Italien dienen der Autolobby, die in Südtirol getrauen sich nicht, dem Verkehr Einhalt zu gebieten. Wenn es darauf ankommt, bestimmt in der Südtiroler Volkspartei die Wirtschaft, die Lega kennt beim Verkehr sowieso keinen Stopp, ihr Landesrat Giuliano Vettorato verwaltet die Umwelt, als wäre sie eine der minderen Agenden unserer Landesregierung.

Wie fragil das System ist, sieht man, wenn in Latsch ein Stein vom Berg fällt. Staus sind die Folge, dabei fährt parallel zur Straße doch die Bahn. Aber ach wie blöd, die ist doch zwischen der Töll und Meran unterbrochen wegen der Elektrifizierung der Strecke. Und die Arbeiten dort verzögern sich, weil die Baufirma in Schwierigkeiten steckt.

Der verbal sehr mobile Landesrat für Verkehr, Daniel Alfreider (SVP), hat den Felsbrocken in Latsch genutzt, um für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu werben. Doch dann muss es ihm gelingen, die Leute sanft in den Zug oder Bus zu schieben. Das heißt, den Individualverkehr beschränken, erschweren. Sonst werden wir weiter die Umwelt kaputt fahren, es werden noch viele Steine vom Berg fallen und Flüsse über die Ufer treten. Die Hilfe kommt immer schnell, wenn es gilt, einen Felsbrocken zu räumen. So schnell geht es beim Schutz der Natur selten.

Wollen wir Katastrophen verhindern, gilt es, rasch zu handeln. So wie es ist, kann es nicht weitergehen.

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