Musikkapelle, Sportverein, Feuerwehr. Warum sich die traditionellen Vereine schwertun. Und was das für Südtirol bedeutet.
Leitartikel
Er hat es wieder getan
Aus ff 33 vom Donnerstag, den 17. August 2023
Der Frauenmord in Schlanders zeigt ein gesellschaftliches Totalversagen.Warum sind Frauen in unserer Welt so ungeschützt?
Vergangene Woche hat eine Frau uns eine Geschichte erzählt. Diese Geschichte handelt von der großen Sorge um eine andere Frau, von Gewalt und Stalking, von vielen Anzeigen bei den Sicherheitsbehörden, der eigenen Hilflosigkeit und der Hilflosigkeit der Behörden. Und von der Angst, dass es nicht aufhört.
Was tun, damit nicht noch mehr passiert? Was tun, um Frauen zu schützen? Das Erste, was man vielleicht tun kann, ist darüber zu reden.
Die Frau, die uns die Geschichte erzählt hat, weiß Bescheid über Beziehungen – und wie vergiftet sie sein können, sie kennt die Beziehungsmuster und hat selbst gesehen, dass Frauen, die Gewalt erfahren, oft keine Hilfe finden. Und sich manchmal der lllusion hingeben, dass alles wieder gut wird. Als ob toxische Männlichkeit, dieser jahrhundertelang eingeübte Hunger nach Macht über Frauen, von alleine vergehen würde. Das Patriarchat hat ja lange genug Frauen zu Wehrlosigkeit und Harmonie genötigt. Und nicht selten wird Männergewalt abgetan, wenn es heißt, die Frau werde schon auch ihren Anteil daran haben: selber schuld. Frauen, die Männer anzeigen, weil sie Opfer von Gewalt wurden, müssen vor Gericht einiges ertragen.
Frauen stehen schutzlos da, wenn sie Gewalt erfahren, wenn der Ex-Partner sie trotz Annäherungsverbot verfolgt, wo immer sie sich in der Öffentlichkeit zeigen, wenn er versucht, sich Zutritt zur Wohnung verschaffen. Sie sind ungeschützt, weil man ihnen nicht glaubt, sie nicht hören will, weil Sicherheitsbeamte mit solchen Situationen schlecht umgehen können, weil die Justiz langsam mahlt, weil Annäherungsverbote nicht durchgesetzt werden.
Gewalt an Frauen ist in Italien und Südtirol alltäglich. Das geht bis zum Mord. In Italien wurden in diesem Jahr schon mehr als 70 Frauen getötet, zuletzt eine junge Frau in Schlanders, vermutlich von ihrem Ex. Oft sind die Täter Ehemänner, Partner oder Ex-Partner.
Warum müssen Frauen um ihr Leben fürchten? Trotz schärferer Gesetze? Und obwohl bei jedem Mord an einer Frau Besserung gelobt wird, die Politik sich in die Pflicht nimmt. Doch das geht meistens schnell wieder vorbei, bis alle sich beim nächsten Femizid wieder entsetzen. Und wieder einmal niemand vorher etwas bemerkt hat.
Was tun? Gesetze streng anwenden, aber Gefängnis hilft wenig, wenn dazu nicht eine Therapie kommt. Männer in die Pflicht nehmen – es ist wichtig, dass auch die Herren ihre Stimme erheben und ihre gewaltbereiten und gewalttätigen Geschlechtsgenossen nicht in Schutz nehmen. Gewalt gegen Frauen nicht bagatellisieren. Und nicht zuletzt all jene Hürden beseitigen, die Frauen benachteiligen, die (vielen) Männern das Gefühl geben, sie seien immer noch die Herrscher der Welt. Und davon gibt es noch genug, man möge sich nur anschauen, wie politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Macht verteilt sind.
Und im Ernstfall muss gelten: Hilfe für die Täter, aber keine Milde, kein Verständnis. Null Toleranz. Wir alle haben die Pflicht, Frauen vor Gewalt zu schützen, und sei es nur, indem wir nicht schweigen.
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