Sky Alps gibt sich gerne als nachhaltige Fluglinie. Doch so einfach ist das nicht.
Leitartikel
Migrations-Propaganda
Aus ff 39 vom Donnerstag, den 28. September 2023
Irreguläre Zuwanderung überfordert die Gesellschaft. Wer das nicht begreift, wird damit leben müssen, dass die extreme Rechte immer stärker wird.
In Italien sind in den vergangenen zehn Jahren eine -Million Flüchtlinge angekommen. Geblieben sind 350.000, die anderen sind weitergezogen. Viele von ihnen sind in Deutschland wieder aufgetaucht. Das Dublin-System, völlig überholt, sieht vor, dass Flüchtlinge, die irregulär über das Meer kommen, dort registriert werden, wo sie zuerst ihren Fuß an Land setzen. Ziehen sie weiter, können sie rückgeführt werden. Die Frist dafür beträgt 18 Monate.
In diesem Jahr waren es schon über 130.000 Menschen, die irregulär nach Italien übersetzten – wie viele sind geblieben?
Sicher ist, dass weder Italien noch die Europäische Union einen Plan haben, wie sie mit der irregulären Zuwanderung fertig werden sollen. Dafür sind die EU-Staaten viel zu mutlos oder zerstritten. Eine Lösung wäre, die Migranten, die aus Afrika oder Asien kommen, gleichmäßig und gerecht auf alle Staaten zu verteilen. Aber es sind Italien, Frankreich, Deutschland, Österreich, die die meisten Menschen aufnehmen.
Versprechen machen, wenn es um die Bekämpfung der irregulären Migration geht, ist leicht, sie einzuhalten schwer. Das muss auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erkennen: Sie hat ein hartes Vorgehen gegen die irreguläre Migration versprochen, doch gekommen sind in diesem Jahr schon doppelt so viele Menschen wie im Jahr zuvor. So wie die Dinge im Moment liegen, wäre der Preis für eine Verminderung der Migration über das Mittelmeer eine eklatante Verletzung der Menschenrechte: etwa ein Abkommen mit Libyen, von wo aus viele Boote starten, das Menschen Folterungen und Menschenhandel aussetzt. Die billige Antwort in Italien ist, Abschiebezentren einzurichten. So auch in Südtirol. Der Landeshauptmann will es, der Bürgermeister von Bozen natürlich auch, aber ja nicht in der eigenen Stadt. Am Flughafen vielleicht? Nein! Geeignet für das neue Gefängnis, aber nicht für ein Abschiebezentrum – für Flüchtlinge gibt es in Südtirol kaum mehr geeignete Standorte.
Es mag richtig sein, Straftäter abzuschieben, aber ein Abschiebezentrum betrifft nur wenige Menschen und eigentlich gehören Straftäter in ein Gefängnis, egal, woher sie kommen. Abschiebe-zentren sind oft auch Dreckslöcher, in denen die Insassen im Niemandsland leben.
Mit Abschiebezentren lassen sich die Probleme nicht lösen. Dafür braucht es Rückführungsabkommen mit Staaten in Afrika und Asien. Gibt es die nicht, kann man niemanden abschieben – und mit den meisten Staaten gibt es keine Abkommen.
Dafür müsste man den Staaten etwas bieten, etwa reguläre Migrationsquoten. Europa kann viele Menschen aufnehmen, das hat es in den vergangenen Jahren gezeigt.
Es gibt, sagt der Migrationsforscher Gerald Knaus, ein Recht auf Asyl, aber kein Recht auf Migration. Aber Menschen haben, wenn sie da sind, Rechte, etwa auf ein schnelles Asylverfahren, auf menschenwürdige Behandlung.
Zuwanderung lässt sich nicht mit Idealismus lösen, sondern mit kühlem Verstand – das müssen etwa die Grünen in Deutschland schmerzlich erkennen. Wer nicht begreift, dass irreguläre Migration die Gesellschaft fordert, ja überfordert, wird damit leben müssen, dass Rechte und Rechtsextreme in Europa immer stärker werden. Und regieren.
Weitere Artikel
-
Vom Lärm geplagt
Wer entlang der Pustertaler Straße wohnt, hat es nicht leicht: Autos, Lastwagen und Motorräder sorgen für Dauerbeschallung. Und die Politik schaut zu.
-
Hinter der Maske
Christoph Franceschini und Artur Oberhofer schreiben in ihrem Buch: Es ging in der Maskenaffäre nur ums Geld. Und das Sanitätspersonal sei wissentlich gefährdet worden. Doch können sie die steilen Thesen auch belegen?
Leserkommentare
1 KommentarArtim
28. September 2023, 13:09Es gilt sich ehrlich zu machen. Man bedient sich politisch der Simulation und Desimulation, um seit über 30 Jahren von unangenehmen Befunden abzulenken. Denn dass man den freien, globalen Waren- und Kapital- nicht von Personenverkehr abkoppeln kann, weiß die Politik doch bereits spätestens seit der DDR 1990: „Kommt die D-Mark, bleiben wir. Kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr.“ Viele machten ernst aus dieser Ankündigung: Rund 184.000 Bürger verließen die DDR in den ersten Monaten des Jahres 1990 in Richtung Bundesrepublik.
Aber auch Italien sah man am 8. August 1991 rund 10.000 albanische Flüchtlinge an Bord des Frachters "Vlora" in der italienischen Hafenstadt Bari landen.
Was hat sich seitdem daran 2023 tatsächlich geändert — etwa dass die Profite der Globalisierung nicht mehr privatisiert und die Kosten nicht mehr sozialisiert sind? antworten
Antworten als Unbekannt
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.