Der Wiederaufbaufonds bringt viel europäisches Geld nach Italien. Dabei können auch Südtiroler Betriebe absahnen.
Leitartikel
Kein Hafen in Sicht
Aus ff 17 vom Mittwoch, den 24. April 2024
Der Landesvermarkter IDM finanziert Profifußballclubs und Filmmillionäre. Ohne Plan und ohne Ziel. So darf es nicht weitergehen.
IDM spendiert dem FC Südtirol jährlich 1,2 Millionen Euro; dafür ist der Südtirol-Schriftzug unter anderem auf den Leibchen der gut bezahlten Fußballprofis zu lesen. Das hat das Team K jüngst in einer Landtagsanfrage herausgefunden. Als Grund nennt der Landesvermarkter „die hohe Sichtbarkeit der Serie B“ – sowohl national als auch international. Er erwartet sich damit eine „Steigerung der Bekanntheit und der Begehrlichkeit der Marke Südtirol in den Zielmärkten“.
Aber muss Südtirol tatsächlich noch bekannter werden? Muss man die Lust, in unser Land zu kommen, steigern? Muss die öffentliche Hand einen Profifußballclub mit Geld überhäufen? Oder sollte sich eine GmbH, die professionell Fußball spielen lässt, das Geld von der Privatwirtschaft holen? Immerhin sitzen einige der besten und erfolgreichsten Unternehmer Südtirols an den Schalthebeln des FCS.
Ähnliches liest man über „Cliffhanger 2“. IDM will den Holly-wood-Film mit 400.000 Euro fördern, damit er in Südtirol gedreht wird. Der erste Teil des Films hatte 1993 umgerechnet etwa 240 Millionen Euro eingespielt. Hauptdarsteller Sylvester Stallones Privatvermögen wird auf mehr als 350 Millionen Euro geschätzt.
Warum, kritisiert der Team-K-Abgeordnete Alex Ploner zu Recht, muss IDM den Filmmillionären einen Batzen Geld hinterherwerfen? Während man etwa im Sozialen spare oder bei den Gehältern der Pflegekräfte knausere, gebe man hier das Geld mit vollen Händen aus. Der Südtirolvermarkter argumentiert, der Film wäre kulturell, inhaltlich und wirtschaftlich ungemein wertvoll – und damit „förderungswürdig“.
Bei „Un passo dal cielo“ mit Terence Hill hat man gesehen, was passieren kann, wenn in Filmen Südtirols schönste Flecken gezeigt werden. Der Pragser Wildsee wird seitdem regelrecht überrannt.
IDM. War da nicht einmal etwas? Ach ja, im November 2022 stimmte der Landtag dafür, das Unternehmen zu zerschlagen und neu auszurichten. Passiert ist seitdem wenig. Auch wenn der Landeshauptmann einräumte, dass der Beschluss eine Willensbekundung des Landtags – und damit auch des Volkes – sei. Er verpflichte die Landesregierung, in diese Richtung zu arbeiten.
IDM gibt es nach wie vor – und die Ausrichtung des Landesvermarkters ist dieselbe. Dabei fehlt ihm eine Idee, wohin er Südtirol führen möchte. Der Schmäh mit dem „begehrtesten nachhaltigen Lebensraum in Europa“ erwies sich als Rohrkrepierer und viel mehr fällt den Strategen an der IDM-Spitze offenbar nicht ein.
Sie finanzieren Fußballprofis und Filmmillionäre „nachhaltig“ mit viel Geld. Dass das mit echter Nachhaltigkeit nicht viel zu tun hat, weiß man auch in der Führungsetage des Landesvermarkters. Doch wie weiter?
Der ehemalige SMG-Chef Christoph Engl prangerte schon vor Jahren in diesem Magazin an, dass man auf Sicht navigiere: Ohne klaren Hafen als Ziel sei jeder Wind der richtige – oder der falsche. Südtirol und damit IDM müssen also einen neuen Hafen finden, den man ansteuern will. Es braucht eine nächste große Idee, für die das Land stehen möchte. IDM hat 200 hervorragend ausgebildete Leute an Bord, vielleicht hat jemand von ihnen einen Geistesblitz. Er wäre dringend notwendig.
Weitere Artikel
-
Party auf der Baustelle
80 Jahre und drei Generationen später: Das Metallverarbeitungsunternehmen Battisti feiert sich mit den im Bau befindlichen Suiten.
-
Liebe Leserin, lieber Leser,
im März die Tomatensamen in die Erde stecken, die Pflanzen wachsen sehen und irgendwann im Sommer die ersten Früchte ernten. Das ist schön, das ...
Leserkommentare
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.