Leitartikel

Die Autonomie sind wir

 

Wiederherstellung und Reform der Autonomie hat der Landeshauptmann zur Chefsache erklärt. Er verhandelt. Aber was ist mit Transparenz und Teilhabe? von Georg Mair, Chefredakteur

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat die Reform der Autonomie bestimmt nicht allein geplant. Er wird sich etwa mit Walter Obexer oder Esther Happacher von der Universität Innsbruck beraten haben. Mit den Rechtsgelehrten, die glauben, dass die Autonomie in Not ist, ausgehöhlt wie ein alter Baum. Aber was einen schon stutzig macht, ist der Satz von Kompatscher: Ich rede mit Rom.

Im Moment stocken die Wiederherstellung und Reform der Autonomie. Es wird, bis es wahr wird, wohl noch mindestens ein, zwei Jahre dauern. Der Landeshauptmann hat damit das Überleben seiner Regierung in Bozen verbunden. Wie wichtig ihm die Angelegenheit ist, belegt das Interview mit den Dolomiten in der vergangenen Woche. Er spricht wieder mit dem Tagblatt und es mit ihm.

Eigentlich dürfte es bei einer Reform der Autonomie oder auch nur der Reparatur der „verlorenen“ Kompetenzen kein Ich geben. Keinen Mann allein an der Spitze, der einsam nach Rom reitet, sondern ein „Wir“. Yes, we can, und nicht Yes, I can.

Es war einmal ein Autonomiekonvent, ja es klingt so fantastisch und weit weg wie ein Grimmsches Märchen, dabei fand er von 2015 bis 2017 statt. Auf diesem Konvent wurde mit viel Engagement über die Autonomie geredet. Es war ein partizipativer Prozess, um dieses Wort zu gebrauchen, das so oft im Munde geführt und am Ende verraten wird, weil der Prozess keine Folgen hat. Weil den schönen Worten, den vollmundigen Reden, keine Taten folgen. So war es auch nach dem -Autonomiekonvent. Vor allem die Südtiroler Volkspartei hatte kein Interesse, die Reform der Autonomie auf den Ergebnissen des Konvents aufzubauen.

Es hätten dabei ja auch Leute mitreden können, die nicht der SVP angehören, die Opposition gar. Es hätte dabei über Dinge geredet werden können wie eine mehrsprachige Schule, den Proporz, dass Südtirol nicht mehr nur aus Deutschen,
Italienern und Ladinern besteht, dass die benachteiligte Minderheit in Südtirol nicht mehr die deutsche, sondern die italienische Sprachgruppe ist. Es hätte eine Diskussion sein können, die in die Zukunft gerichtet ist, in der es nicht nur darum geht, was wir entscheiden können, sondern was für eine Gesellschaft wir sein wollen.

Es hätte ein Aufbruch sein können, ein Zeichen: Die Autonomie gehört allen. So, wie es jetzt ist, ist es eine Diskussion zwischen dem Mann oben und ein paar Fachleuten und der Regierung in Rom. Der Landtag hat nichts mitzureden, irgendwann einmal wird ihm das Autonomie-papier zur Kenntnis gebracht werden.

Nach dem Autonomiekonvent, an dem ausgewählte Personen aus dem Volk teilnahmen, passiert es jetzt wieder: Die Vertreter und Vertreterinnen, die das Volk gewählt hat, haben in Sachen Autonomie keine Stimme.

Luis Durnwalder war also nicht der letzte Landeshauptmann, der vieles allein oder mit ein paar Vertrauten entschieden hat. Als Arno Kompatscher vor zehn Jahren ihn abgelöst hat, hat er es uns anders versprochen: Teilhabe und Transparenz. Damit die Leute sich nicht weiter von der Politik abwenden, Politikverdrossenheit sich nicht weiter ausbreitet, muss ihm jetzt gelingen, was er versprochen hat: die Reparatur der Autonomie.

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