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Leitartikel
Schützen wir sie
Die Wahl in Amerika führt uns vor Augen, wie zerbrechlich unsere Demokratie sein kann. Überlassen wir sie nicht leichtfertig ihren Gegnern.
Wenn diese Ausgabe der ff am Donnerstag erscheint, hat Amerika bereits gewählt. Bei Redaktionsschluss am Dienstag stand das Ereignis noch bevor: Wer wird Präsidentin oder Präsident der USA? Kamala Harris? Die 60-jährige Demokratin wäre die erste Frau, eine schwarze Frau dazu, an der Spitze der Vereinigten Staaten.
Oder doch Donald Trump? Der 78-Jährige würde zum zweiten Mal nach 2016 in das Weiße Haus einziehen. Trotz unzähliger Skandale, Lügen, Anklagen und Verurteilungen nach acht Jahren in der Politik. Trump führt uns vor Augen, wie zerbrechlich die Demokratie – unsere Demokratie – sein kann. Er versucht sie beharrlich zurückzudrängen, pfeift auf Dinge wie Wahlen oder Menschenrechte.
Er ist eine Gefahr für Amerikas Demokratie. Das hat er bereits im Januar 2021 bewiesen, als seine Anhängerschaft das Kapitol in Washing-ton, Sitz der Parlamentskammern der USA, stürmte. Der abgewählte Präsident hatte zuvor eine Rede gehalten und den Mob aufgestachelt. Demokratische Institutionen gelten so einem wie Trump nichts.
In Amerika entstand die erste Demokratie der Neuzeit. Abraham Lincoln, 16. Präsident der USA, bezeichnete sie einst als „Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk“. Gekennzeichnet wird so eine Demokratie von Dingen wie Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit oder die Anwendung von Menschenrechten.
Sie ist das beste politische System, das wir kennen. Trotzdem leben weniger als 10 Prozent der Weltbevölkerung in einer vollständigen Demokratie. Die große Mehrheit muss mit unvollständigen Demokratien, teildemokratischen Systemen oder Autokratien zurechtkommen. Leute vom Schlage eines Donald Trump bewundern unverblümt Autokraten wie den russischen Machthaber Wladimir Putin. Der sei ein ganz toller Typ.
Das finden immer mehr Menschen in Westeuropa, auch in Südtirol. Dabei hat Putin einen brutalen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen, Regimekritiker lässt er einsperren oder gar ermorden.
Einer, der in Südtirol mit Trump’schen Sagern auffällt, ist der Landtagsabgeordnete Jürgen Wirth Anderlan (JWA). Bei einer Rede vor FPÖ-Leuten in Wien forderte er im besten Nazi-Jargon drastische Strafen für die Verantwortlichen der Corona-Maßnahmen: Für diese „müssen Handschellen klicken und ab in den Steinbruch“.
Wirth Anderlan wurde zwar demokratisch in den Landtag gewählt, er verachtet jedoch die Demokratie. Landesrätin Rosmarie Pamer brachte es im Landtag auf den Punkt: JWA mache sich „mit Rechtsextremen und Feinden der Demokratie gemein“, hetze mit Hassreden auf, spalte und vergifte das politische Klima.
Andreas Colli, damals noch an der Seite von Wirth Anderlan im Landtag, giftete zurück: „Frau Landesrätin, schämen Sie sich.“ Das war im Frühjahr. Im Oktober hat Colli die JWA-Fraktion verlassen und warnt nun selbst vor seinem Ex-Kollegen und dessen Anhängern: „Öffnet die Augen, schaut hinter die Show, schaut hinter die Kulissen und wehret den Anfängen.“
Colli hat recht: Wehret den Anfängen. Überlassen wir die Demokratie nicht leichtfertig ihren Gegnern, schützen wir sie! Sie mag vielleicht Mängel haben. Aber ein besseres politisches System haben wir bis jetzt noch nicht gefunden.
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