Leitartikel

Frauen an die Macht!

Zitat
 

Chancengleichheit zwischen Mann und Frau ist ein Versprechen, das die ­Politik bis heute nicht gehalten hat. Dagegen hilft nur eine Frauenquote.

Im Südtiroler Landtag sitzen 10 Frauen, von 35 Abgeordneten, im Trentino sind es 14 von 35. Insgesamt sind es also im Regionalrat, der sich aus den beiden Landtagen zusammensetzt, 24 weibliche und 46 männliche Abgeordnete. In der Regionalregierung ist es eine Frau von sechs. Präsident der Regional-regierung ist ein „Frauenversteher“, der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. Er ist in der Südtiroler Landesregierung für Chancengleichheit zuständig.

Chancengleichheit zwischen Mann und Frau ist ein Versprechen, das die Politik bisher nicht gehalten hat. Frauen haben in der Politik weniger Gewicht. Das hat auch damit zu tun, dass sie für die Sorgearbeit in der Familie – und in der Gesellschaft – zuständig sind.

Männer sind offensichtlich (noch) nicht bereit, für Gleichheit und Gerechtigkeit unter den Geschlechtern einzustehen. Das ist ein uralter Reflex, den Männer sich mühsam abtrainieren müssen: sich zusammenzurotten, Seilschaften zu bilden, sich – bewusst oder unbewusst – an die Macht zu klammern. Das Patriarchat ist zäh.

Muss man die Männer durch Gesetze dazu zwingen, dass es anders wird? Dort, wo es Frauenquoten bei Wahlen gibt, etwa in Skandinavien, sind Frauen häufiger in der Politik vertreten als bei uns.

Im Regionalrat gab es den Versuch, eine Frauenquote für die Regionalregierung einzuführen, proportional zur Anzahl der Frauen im Regionalrat. Es müssten also im Gremium, das die Region regiert und ein bisschen Kohle verteilt, wenigstens zwei Frauen sitzen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Hälfte der Menschheit angemessen vertreten ist.

Nichts da, der Entwurf wurde so verwässert, dass es auch in Zukunft nur eine Frau in der Regionalregierung sein muss.

Es lohnt sich ein Blick auf die Argumente der Verneiner. Sie sind exemplarisch für die Diskussion um die Frauenquote.

Die SVP argumentiert: Man wolle keine „harte Frauenquote“ (Landessekretär Harald Stauder), sonst werde es unmöglich, eine Regionalregierung zu bilden. Pragmatismus schlägt Grundwerte. Marco Galateo, Landesrat für die Fratelli -d’Italia, meint, Frauen seien keine „schützenswerten Pandas“. Und dann kommt, typisch für Rechte, der Satz, Frauen sollten aufgrund ihrer Qualitäten Karriere machen. Heißt das im Umkehrschluss, dass Frauen, wenn sie nicht Karriere machen, die Qualität dafür nicht haben? Oder ist es ein Zeichen von Intelligenz, nicht in die Politik zu streben? Und Myriam Atz, Landtagsabgeordnete der Südtiroler Freiheit, sagt, Frauen sollten die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, ob sie politisch tätig werden wollen. Doch Freiheit gibt es nicht losgelöst von gesellschaftlichen Bedingungen, die Frauen wiederum die Freiheit nehmen, selbstständig zu entscheiden. Frauen sind oft selbst die größten Feindinnen der Frauen.

All diese Argumente zementieren herrschende Zustände. Politische Tätigkeit hängt von vielen Faktoren ab, von Zeit, der Vereinbarkeit mit der Familie, dem rauen Ton in der Politik.

Frau muss in die Lage versetzt werden, sich die Freiheit nehmen zu können, um politisch tätig zu werden. Durch die Änderung der Rahmenbedingungen. Und auch durch eine Frauenquote.

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