Leitartikel

Autonom verfahren

Aus ff 12 vom Donnerstag, den 20. März 2025

 

Wenn es bei den Ausschreibungen für A22 und Zug hapert, ist es nicht das böse Rom gewesen. Was ist da bloß los beim Land?

A

ls ff vor ein paar Wochen über die A22 schrieb, überlegten wir, auf den Titel zu schreiben: Pleiten, Pech und Pannen. Zu banal, zu plakativ, entschieden wir. Wir titelten stattdessen „Achtung, Baustelle“.

Die Konzession für die Führung der Autobahn, die Südtirol quert und das Leben vieler Menschen betrifft, wurde jetzt neu ausgeschrieben. In zähen Verhandlungen mit dem Staat hat sich die bisherige Betreibergesellschaft (sie gehört mehrheitlich der Region Trentino-Südtirol, den Provinzen und den Gemeinden Bozen und Trient) die Ausschreibung auf den Leib geschrieben. Chefsache für den Landeshauptmann Arno Kompatscher.

Doch womöglich hat er sich dabei verfahren. Denn es gibt in der Ausschreibung zwei kritische Punkte: das Vorzugsrecht für die A22, wenn ein anderer Bewerber ein höheres Angebot stellt, und der Umsatz der A22 – er genügt nicht, um allein am Wettbewerb teilzunehmen. Gerichte werfen auf Ausschreibungen jetzt ein scharfes Auge: Sind sie auf jemanden zugeschnitten?

Warum die lange Vorrede? Um auf das nächste juridische Wackelkonstrukt überzuleiten, bei einer ebenso wichtigen Ausschreibung. Der Konzession für die Zugdienste in Südtirol für die kommenden 14 Jahre, 1,6 Milliarden Euro wert. Jetzt wurde die Ausschreibung vom Verwaltungsgericht annulliert. Es bemängelte, dass sie die bisherigen Inhaber der Konzession bevorzuge: Sad und Trenitalia. Zuletzt hatte man verkündet, es gebe nur diese zwei Bewerber.

Und wieder haben sich die Juristen des Landes verfahren. Es wäre nichts Neues, Juristen bemängeln schon lange, dass das Land Gesetze schlampig macht. Noch schlimmer ist es, wenn man aus Fehlern nicht lernt. Da muss man schon skeptisch sein, wenn es um mehr Kompetenzen für Südtirol geht. Können wir damit auch umgehen? Es zeigt sich jedenfalls, wie wichtig Kontrolle durch Gerichte ist. Oder vielleicht könnte man sich in manchen Dingen einfach auch mit ein paar fähigen Leuten im Landtag beraten.

Was ist da los? Wer sind die Leute, die Ausschreibungen so formulieren, dass sie beim ersten Lüftchen einstürzen? Wer sind die Juristen und Berater des Landes? Letztendlich verantwortlich für das Schlamassel sind jedoch die Chefs der Juristen, Landeshauptmann und Landesräte.

Es ist zu befürchten, dass sich Südtirol sowohl auf der Autobahn als auch mit dem Zug verfahren hat, autonom, also nicht autonom fahren kann. Es sind nicht die bösen Mächte in Rom gewesen, die das Land behindert haben.

Eine Zeit lang dauern auch schon die Verhandlungen über die Reform der Autonomie, die Rückholung verlorener Kompetenzen. Es ist das Lieblingsprojekt des Landeshauptmanns, dafür hat er seine Prinzipien über Bord geworfen und sich mit den Fratelli d’Italia eingelassen. Es ist das wichtigste Großprojekt, das scheitern könnte. Wird Kompatscher dann die Reißleine ziehen, die Koalition platzen lassen? Vermutlich nicht, daran wird ihn seine Partei hindern.

Die Reform der Autonomie ist jetzt der Knackpunkt für 15 Jahre Kompatscher. Gelingt sie ihm, wird man seine Amtszeit positiv betrachten, gelingt sie ihm nicht, wird wenig bleiben von ihm.

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