Leitartikel

Die Autonomie der SVP

 

Die Reform der Autonomie ist ein Erfolg für den Landeshauptmann. Doch jetzt muss er zeigen, dass es auch mit anderen Reformen schnell geht.

Das Papier ist da. Und wie mit ihm umgegangen wird, ist ziemlich ungewöhnlich. Am Samstag kam die Vorlage zur Autonomiereform aus Rom und schon am Montag mussten die Mitglieder der SVP darüber abstimmen.

Die SVP hyperventiliert. Eine der wichtigsten Entscheidungen der letzten Jahre muss plötzlich schnell, schnell gehen. Wie viele Mitglieder der Landesversammlung sind imstande, in wenigen Tagen so ein Kunstwerk der Juristerei wirklich zu beurteilen?

Am Montag meldeten sich von den mehr als 300 Delegierten bei der Landesversammlung nur wenige zu Wort, es redeten Funktionäre, Mandatarinnen und Altmandatare. Das war zu erwarten. Schließlich ging es darum, ein Signal der Geschlossenheit zu senden und ein Signal für die Gemeindewahlen: Seht, wir liefern, die anderen, diese „Zweifelscheißer“, wie Kritiker jetzt verächtlich genannt werden, reden bloß.

Jetzt wird die SVP wieder großspurig. Man genießt nicht nur den Erfolg, sondern versucht auch, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen,

Zuerst diskutiert die SVP, dann der Landtag über die Autonomie-reform. Es wird ein Schaulaufen werden, der Mehrheit und der Opposition. Aber natürlich wird an dem Papier, das die SVP mit der Mitte-rechts-Regierung in Rom ausverhandelt hat, kein Beistrich geändert werden.

Für die Autonomie ist die Reform (vermutlich) eine gute Nachricht: neue Kompetenzen, weniger Abhängigkeit vom Staat. Man könne so, sagt Arno Kompatscher, das Land noch besser verwalten – auch wenn man sich fragen muss, was die Reform für konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen hat (was die Reform wirklich taugt, lesen Sie in der Titelgeschichte in diesem Heft). Wie wird das Land die Kompetenz für Umweltschutz und Raumordnung nutzen? Im Sinn des Gemeinwohls oder der Lobbys?

Arno Kompatscher darf jubeln, zu Recht, er hat die „Wiederherstellung der Autonomie“ bekommen (in Wahrheit war es nicht so, dass sie abgeschafft worden wäre). Er hat sie als das erste seiner Ziele ausgegeben – in seiner ersten Amtszeit war es die Transparenz, in der zweiten die Nachhaltigkeit, jetzt die Autonomie.

Kompatscher hat hartnäckig und geschickt verhandelt – Außenpolitik ist ja seine Stärke. Dafür ist er mit Fratelli d’Italia und Lega einen Pakt eingegangen. Was freilich auch bleibt: Der Landtag – vom Volk wollen wir ja gar nicht reden – hat(te) bei der Autonomiereform nicht viel mitzureden. Die Verhandlungen waren, wie in alten Zeiten, eine Sache von wenigen (Männern).

Ist die neue Autonomie wirklich das Wichtigste für die Südtirolerinnen und Südtiroler? Oder ist es wichtiger, dass sie genug Geld in der Brieftasche haben, ihre Wohnung bezahlen können, sie nicht vom Tourismus überrollt werden, schnell einen Termin für eine Operation bekommen oder dass dieses schöne Fleckchen Erde durch einen achtsamen Umgang bewahrt wird? Der Maßstab für wichtige Reformen ist die Geschwindigkeit und Hartnäckigkeit bei der „Wiederherstellung der Autonomie“. Man darf also umgehend erwarten: Klimagesetz, günstige Wohnungen und höhere Löhne.

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