Politik

Die Lämmer

Aus ff 51 vom Donnerstag, den 21. Dezember 2017

Schafe
© freepik, ff-Grafik
 

Sind die Italiener im Land eine leidende Minderheit? Die Opfer, die schreckerstarrt an der Krippe stehen?

Im Jahr 1983 gehörten noch zehn von 35 Landtagsabgeordneten der italienischen Sprachgruppe an, jetzt sind es nur mehr fünf. Sind die Italiener die „leidende Minderheit“ (Titelgeschichte in ff 7/2017) im Land, die schreckerstarrt wie Lämmer an der Krippe stehen? Oder ist der „disagio“ nur eine fürsorglich gepflegte Pose, in der sie es sich bequem eingerichtet haben. Der Soziologe Lucca Fazzi behauptet, die Autonomie, so wie sie sei, zementiere die Trennung der Sprachgruppen und benachteilige so die Italiener.
„Der Italiener“, meinte Senator Francesco Palermo in der ff-Titelgeschichte über die Italiener, „muss zeigen, dass er deutscher ist als die Deutschen. ... Aber selbst wenn er sich noch so sehr bemüht – er bleibt trotzdem meist der Zweite.“ Wirtschaftlich sind die Unterschiede zwischen den Sprachgruppen kleiner als innerhalb der Sprachgruppen, hat der Sozialwissenschaftler Thomas Benedikter in seiner Studie über die Einkommen in Südtirol festgestellt. Politisch haben sich die Regierungs-Italiener in Südtirol selbst beschränkt, sie weiden auf dem Land, das ihnen die SVP überlässt.
Christian Tommasini, Landesrat für italienische Schule und Kultur, hält sich mit Kritik an der Volkspartei zurück, er ist etwa zufrieden, wenn italienischer Kindergarten und italienische Schule mehrsprachig sind. Wenn der Landtag beschließt, die Sprache der Kinder zu erheben, gibt es von Tommasini nur leisen Protest. Er zeigt sich weit weniger in der Öffentlichkeit als früher, doch er pflegt nach der Art des früheren Landesrates Luigi Cigolla seine Klientel. Sein Parteikollege, Landtagspräsident Roberto Bizzo, ist sowieso eine politische Ich-AG. Und die italienische Opposition im Landtag? Nun ja, es sind ja nur drei. Alessandro Urzì, Elena Artioli und Riccardo Dello ­Sbarba. Unter ihnen lässt sich nur der grüne Dello Sbarba eindeutig zuordnen, die anderen sind politisch volatil. Oder Treibminen, die jede Gruppierung, der sie sich anschließen, in die Luft sprengen. Doch das Personal ist immer das Gleiche.
In der Bibel sind die Lämmer immer die Opfer. Bei Jesaja heißt es: „Er war stumm wie ein Lamm, das man zur Schlachtung führt. Und wie ein Schaf, das sich nicht wehrt, wenn es geschoren wird, hat er alles widerspruchslos ertragen.“

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