Politik

Ochs & Esel

Aus ff 51 vom Donnerstag, den 21. Dezember 2017

Ochs und Esel
© freepik, ff-Grafik
 

Das „reine“ und das „unreine“ Krippentier repräsentieren zwei Glaubensrichtungen und sind sich spinnefeind.

Ochs und Esel gehören zur Weihnachtskrippe wie das Amen zum Gebet. Zugegebenermaßen kommen sie in den biblischen Berichten über die Geburt von Jesus überhaupt nicht vor, sondern nur in der zeitgenössischen Parallelliteratur zur Bibel, den Apokryphen. Die ausgegrenzten Schriften galten ursprünglich als häretisch. Doch Ochs und Esel drängten schon bald ins weihnachtliche Bild und damit ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Die vermeintlich dummen Tiere sind klüger als die Menschen und symbolisieren (mit dem Judentum und dem Islam) zwei Glaubensrichtungen; andere Auslegungen bezeichnen den Ochsen als „rein“ und Sinnbild des Christentums und den Esel als „unrein“ und Verkörperung alles Heidnischen.

Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauern­bundes (SBB), hat genügend Stallgeruch, um die Krippen­rolle des potenteren Ochsen zu übernehmen. Mit seinem mächtigen Verband vertritt er die institutionelle Agrarlehre. Sie wurde als landwirtschaftliche Heilslehre noch bis vor Kurzem in allen Winkeln des Bauernlandes verkündet. Verkürzt gesagt, weist sie den Weg, wie aus Boden und Nutztieren – mit Unterstützung von auch weniger natürlichen Hilfsmitteln – so viel als nur möglich herausgeholt werden kann. Schließlich muss ein Bauer ja auch von etwas leben können. Semiindustrielle ­Wirtschaftsweise nennen das Kritikaster. Womit man beim Esel, sprich dem Heidentum wäre. Und damit beim Wahl-Südtiroler.

Alexander Schiebel. Der Buchautor und Co-Filmer der Arte-Dokumentation („Das Wunder von Mals“) hat in Verbund mit anderen ungläubigen Eingeborenen gewagt, eben jene unnatürlichen Hilfsmittel anzuprangern, gegen die man sich in Mals sperrt – Pestizide. Gegen die Ausstrahlung der Filmdokumentation machte sich bei Arte auch noch der Landeshauptmann stark. Umsonst.
Weil in Schiebels Fahrwasser auch noch das Umweltinstitut München mit seiner Plakataktion „Pestizid-Tirol“ gekonnt provozierte und die Südtirol-Dachmarke verballhornte, geschah es, dass der Ochs zu schnauben begann und seinem politischen Herrn, Arnold Schuler, folgte: Das Land Südtirol, der Bauernbund und die großen Südtiroler Obstverbände Vip und Vog verklagten Schiebel und das Umweltinstitut wegen Rufschädigung. Der Ausgang ist offen.
Indessen ist die bisherige landwirtschaftliche Heilslehre nicht mehr in Stein gemeißelt: Der SBB hat ein neues Biokonzept vorgelegt.

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