Politik

Der Stern

Aus ff 51 vom Donnerstag, den 21. Dezember 2017

Der Stern
© ff-Grafik
 

Norbert Niederkofler erstrahlt am Himmel

Was der Koch Norbert Niederkofler mit dem Stern von Betlehem zu tun hat? Nichts und alles. Nichts, weil es sich beim Stern von Betlehem um eine ungesicherte Größe handelt, sprich um ein Ereignis, dessen Wahrheitsgehalt angezweifelt wird. Nichts, weil es sich dabei um eine Geschichte handelt, die sehr kontrovers gedeutet wird.
Anders beim gebürtigen Luttacher Norbert Niederkofler. Der Koch ist spätestens seit diesem Jahr durchaus eine Größe, eine gesicherte Größe. Ist gewissermaßen schwarz auf weiß nachzulesen: Mit 3 Sternen, die ihm die Gastrofibel Michelin vor Kurzem an die Kochschürze geheftet hat, gehört er zu den ganz Großen seines Fachs. Er ist in den kulinarischen Olymp aufgefahren; nur 128 Köche weltweit sind es, die ab sofort für ein Jahr dort Platz nehmen dürfen (Italien stellt insgesamt 9 der Küchenmeister).
Andererseits: Unser Protagonist hat auch wieder sehr viel – nein: alles mit dem Stern von Betlehem zu tun. Leuchtet er nicht strahlend vom Firmament herab? Und ist er nicht zugleich leuchtender Wegweiser für andere? Zum Beispiel für weitere 5 Südtiroler Köche mit zwei Michelin-Sternen und 13 weitere mit jeweils einem Stern? Ganz zu schweigen von dem Heer an Küchenmeistern, bei denen es noch zappenduster ist.
Nein, Sterne lügen nicht. Vor allem die 3 Michelin-Sterne von Norbert Niederkofler nicht. Als Stern von Betlehem (auch: Dreikönigsstern) leuchtet er in übertragenem Sinne einer ganzen Schar von Menschen den Weg, auch jenen, die er durch sein Tun inspiriert. Er ist ein Botschafter Südtirols, wie unsere Landestouristiker das nennen würden.
„Sto volando”, sagte ein sichtlich bewegter Norbert Niederkofler Mitte November kurz nach der Michelin-Ehrung in die Kameras der nationalen TV-Anstalten. „Arbeiten, Entscheidungen treffen, an sein Projekt glauben, vorangehen und nie aufgeben”, antwortete Niederkofler den Journalisten auf die Frage, wie man es so hoch hinaus bringen kann.
Der gebürtige Luttacher (56) erbte die Leidenschaft für das Kochen von seinem Vater, verbrachte einige Lehrjahre in Deutschland, in der Schweiz, in den USA und Österreich und lernte unter anderem bei hochdekorierten Sterneköchen wie Hans Haas, David Bouley, Eckart Witzigmann oder Nadia Santini. 1994 kehrte Niederkofler nach Südtirol zurück, wirkte im „Hotel & Spa Rosa Alpina“ in St. Kassian, wo er im Restaurant St. Hubertus bis heute aufkocht.
Niederkofler sagt über sich selbst: „Mit 18 Jahren hatte ich ein großes Ziel vor Augen: Ich will die Welt sehen. Und ich hatte noch ein zweites, viel bescheideneres: Ich will Koch werden.“
Nach eigenem Bekunden erforderte es viel Disziplin, um beide Wünsche zu vereinen, Niederlagen und Erfolge wechselten einander ab. „Letztere gründen in meinen klaren Ideen und Zielen und im Bestreben, mich täglich infrage zu stellen und in Bescheidenheit zu üben“, sagt der Meisterkoch. Vor sieben Jahren schließlich leitete er eine kulinarische Schubumkehr ein, ohne dabei an Strahlkraft zu verlieren. Ganz im Gegenteil. Seine ursprüngliche Welt-Küche stellte er radikal auf saisonale Produkte aus den Bergen um. Fortan sollten die Abläufe der Natur respektiert werden – um eben diese vermehrt wieder auf dem Teller zu schmecken. Das Konzept dahinter nennt sich „Cook the mountains“. Will heißen: Carpaccio vom Milchkalb, Wurzelgemüse, Birkenfond mit Kräutern, Gerstenrisotto mit Zitronenverbene ersetzten fortan Klassiker der internationalen Haute cuisine, deren materia prima (Stichwort: Hummer) teils von weit her herangeschafft werden musste.
Wenn ich es schaffe, Menschen am vertrauten Geruch und Geschmack meiner Heimat teilhaben zu lassen, bin ich einfach nur glücklich“, so Niederkofler. Doch auch unser Stern von Betlehem dürfte eine Regel nicht vergessen haben: Himmlisch sind Sterne ja nur, wenn keiner sie vom Himmel holt. Und da kann man sich bei der Michelin-Fibel nie ganz so sicher sein. 

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