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Politik
Zwischen Himmel und Erde
Aus ff 51 vom Donnerstag, den 21. Dezember 2017
Ausgesandt, um als geflügelte Boten einer himmlischen Macht zur Seite zu stehen, können Engel auch so einiges durcheinanderbringen.
Engel sind in der Bibel himmlische Wesen, sie sind gewissermaßen die Boten Gottes. Und weil sie als solche auch Flügel haben, sind sie schon vor geraumer Zeit aus den heiligen Schriften heraus und in den Alltag von uns Menschen geflogen. Tja, und dort kleben sie bisweilen am Zuckerguss fest, schleichen sich auf bedrucktes Geschenkpapier, hängen an Weihnachtsbäumen oder verwandeln sich zu Lebkuchen. Kurzum: Sie sind einfach überall.
Thomas Schael, seines Zeichens Generaldirektor des Sanitätsbetriebes, ist einer dieser Engel, die das ziemlich gut beherrschen. Er verkündet gerne frohe Botschaften. Bereits im Januar zum Beispiel ließ er die Menschen in diesem Land wissen, dass man viele Verbesserungsmaßnahmen“ ausgearbeitet habe, um nicht mehr so lange warten zu müssen. Auch verkündet er gerne im Inland wie im Ausland, wie vorbildhaft der Sanitätsbetrieb im EDV-Bereich arbeite. Hinter den frohen Botschaften verbirgt sich leider oft eine zwiespältige Realität. Aber Thomas hält sich gerne an die Botschaft seines Engelkollegen Raphael: „Das Glück ist auf deiner Seite. Gehe stets aufgerichtet und selbstbewusst deinen Weg.“
Thomas ist ein moderner Engel, er verschickt nicht nur viele Pressemitteilungen, sondern twittert auch gerne. Da schreckt er dann auch nicht davor zurück, andere Engel, wie jene auf der Athesia-Wolke, anzugreifen, weil diese im Tagblatt „fast täglich eine Horrorgeschichte aus der Notaufnahme servierten“. Diese Botschaft hat die Mutter Martha nicht so toll gefunden – seitdem sind ihre Gefühle zu diesem Engel etwas erkaltet. Sie hatte an den Psalm 91 geglaubt, der besagt: „Der Herr hat seinen Engeln befohlen, „dass sie dich auf Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt“. Engel sollen den Lebensplan beschützen, aber nicht durcheinanderbringen.
Engel gibt es ja sehr viele. Es gibt rettende und heilende Engel, Friedensengel, die Schutz- und Todesengel. Es gibt die friedlichen, und es gibt die kämpferischen. Und es gibt auch solche, die ihre eigenen Ziele verfolgen – man nennt sie auch oft gefallene Engel. Thomas gehört wohl zur letzteren Kategorie. Eines jedoch ist ihm mit allen anderen Engeln gemein: Als Engel holt man sich oft eine blutige Nase.
Alexandra Aschbacher
Die Boten Gottes – oder vielleicht gar Gott höchstselbst? Für die Brüder Michl und Toni Ebner kommen nahezu alle Rollen im Krippenspiel infrage – außer vielleicht jene des Christkindes. Sie sind – über ihre Medien – die Verkünder der Frohen Botschaft, die Richter über das Gute und das Böse. Und sie sind – über ihre schier unüberschaubare Präsenz in der Wirtschaft, im Tourismus, in den Verbänden – die Heiligen Könige, die Gaben verteilen und einstreichen.
Das 2017 war ein gutes Jahr für die Ebner und ihre Athesia. Zum einen haben sie bewiesen, dass gewisse Ängste, die ihre Präsenz auslösen, unberechtigt sind: Der Alto Adige, den sie 2016 gekauft haben, ist unter ihrer Kuratel nicht schlechter, sondern besser geworden. Sogar dessen Journalisten, die nicht unbedingt zu ihrer Fangemeinde gehören, applaudieren inzwischen. Wer weiß, was aus ihnen und der Zeitung geworden wäre, wenn nicht Mutter Athesia sich ihrer angenommen hätte. Gleichzeitig gewannen sie den Kampf um den lange umstrittenen Bau einer neuen Aufstiegsanlage in Schnals, und lupften das Thermenhotel in Meran um eine Etage, auf dass es noch profitabler arbeiten kann. Damit nicht genug: Der erfolgreiche Kalenderverlag KW&H, den sie vor zwei Jahren übernommen haben, trägt jetzt offiziell den Markennamen Athesia. Das Funkhaus Südtirol wird seinen Namen (vorerst zumindest) behalten, aber auch hier wird jetzt Athesia mitreden und mitentscheiden: 50 Prozent der GmbH, die die beiden Privatradios Südtirol 1 und Radio Tirol betreiben, gehören jetzt auch offiziell Athesia.
Dermaßen finanzkräftig und umtriebig ist Athesia, dass man sie verdächtigt, bei sämtlichen Transaktionen, die im Medien- und Tourismussektor über die Bühne gehen, ihre Hand im Spiel zu haben. So zuletzt beim Verkauf der Rosengarten GmbH. Dieses Unternehmen gehörte der Senfter Holding und ist Herausgeber der beiden TV-Sender SDF und Video 33. So erfolgreich der Innichner Unternehmer Franz Senfter in seinem Kern-Business ist (Speck- und Wurstproduzent), so schwer tat er sich auf dem Medienmarkt. In seine beiden Sender hat Senfter viel Geld investiert und dafür wenig zurückbekommen, seit Jahren wurde über einen Verkauf spekuliert – der jetzt tatsächlich über die Bühne gegangen ist. Aber der Käufer heißt nicht Athesia.
Offiziell hat ein Wirtschaftsprüfer aus Cles im Nonstal die Rosengarten GmbH übernommen, als Vermittler scheint der Trentiner Medienunternehmer Graziano Angeli auf (Trentino TV). Die Branche meldete prompt Zweifel an. Und tatsächlich schrieb die Tageszeitung von einer „Operation, in der möglicherweise auch die Athesia AG eine Rolle spielt.“ Denn man weiß ja: Engel sind da, auch wenn man sie nicht sieht. Engel können die verschiedensten Formen annehmen.
Gut informierte Kreise fragen sich allerdings, ob ein geschäftstüchtiger Unternehmer, wie Michl Ebner es zweifelsfrei ist, tatsächlich Lust hat, auf dem dünnen Eis des Privatfernsehens zu tanzen. Südtirol und das Trentino sind Experten zufolge zu klein, um ein wirtschaftlich erfolgreiches Privat-TV, das nun mal von Werbeeinnahmen lebt, betreiben zu können.
Andererseits: Das Fernsehen fehlt im dicken Athesia-Portfolio noch. Und wer glaubt, sozusagen im Auftrag Gottes zu handeln, denkt nicht so kleinkariert wie normale Erdenbürger.
Lei non sa chi sono io!“ Wer hat es gesagt? Der Erzengel Gabriel? Luzifer? Gut möglich. Carlo Costa sagt oder zumindest denkt es jeden Tag. Wer ihn kennt, beschreibt ihn als „einen der selbstbewusstesten Menschen, die es derzeit in Südtirol gibt“. Auf dem Papier ist der Brixner in allen Bereichen, in denen er tätig ist, lediglich die Nummer zwei: Vizepräsident der Sparkasse, Vizedirektor der Brennerautobahn, zweiter Mann im Partito Democratico von Südtirol.
Wer genauer hinschaut und die ethnopolitischen Gesetzmäßigkeiten in diesem Land kennt, wird rasch zu einem anderen Schluss gelangen: Carlo Costa ist der mächtigste Italiener in Südtirol. In der Sparkasse gilt er als Gerhard Brandstätters wichigster Mann, in der Brennerautobahn witzelt man über die Frage, wer unter Costa Präsident sein darf, und im Partito Democratico ist er, seit Matteo Renzi ihn in die römische Parteiführung berufen hat, der große Zampano, der die Fäden in seiner Hand hält. Die üblichen gut informierten Kreise behaupten, dass sowohl der neue Landessekretär Alessandro Huber als auch Landesrat Christian Tommasini nach seiner Pfeife tanzen. Der eigentliche Vizelandeshauptmann sei er, Carlo Costa.
Als die Tageszeitung vor Kurzem von einem Scharmützel auf der Brennerautobahn zwischen Costa und einem Südtiroler Autofahrer berichtete, bei dem der mit einer Polizeikelle bewaffnete Costa den verdatterten Autofahrer zum Anhalten gezwungen und mit den Worten eingeschüchtert habe: „Lei non sa chi sono io!“ – zweifelte niemand an der Echtheit der Geschichte. Costa sei nun mal so. In einer Südtiroler Gaststätte hat mal eine Kellnerin seiner Frau (Renate Prader) versehentlich ein Getränk übers Kleid geschüttet. Da halfen dann weder Kniefälle noch Entschuldigungen: Carlo Costa tobte und schrie dermaßen laut, dass alle Gäste wussten, mit wem sie es da zu tun hatten.
Es gibt brave, niedliche, harmlose Engel. Und es gibt solche, mit denen man sich lieber nicht anlegt. Carlo Costa gehört dieser letzten Sorte an. Man könnte es freilich auch positiv formulieren: endlich ein Italiener, den die SVP nicht an die Leine kriegt.
Norbert Dall’Ò
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