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Politik
Tote Zeit
Aus ff 14 vom Donnerstag, den 02. April 2020
Wegen Corona kann sich auch die Erteilung von Baukonzessionen verzögern. Auf das Gesetz für Raum und Landschaft soll die Krise aber keinen Einfluss haben.
So etwas hat es noch nie gegeben“, sagt Günther Bernhart, General-sekretär der Stadtgemeinde Meran. Auch in Südtirols Gemeinden gab es in den vergangenen Wochen immer wieder fragende Gesichter, etwa bei Gemeinde-technikern, die gerade dabei waren, die nächste Sitzung der Baukommission vorzubereiten.
Ein Zusammentreten der Kommission ist durch den Notstand, den Ministerpräsident Giuseppe Conte ausgerufen hat, nicht mehr möglich. Dabei gehört die Baukommission zu den wichtigsten Gremien einer Gemeinde.
Wer eine Baukonzession braucht, muss einen Antrag stellen, der von den Gemeindetechnikern geprüft wird; die Konzession erteilt der Bürgermeister der Gemeinde. Dafür muss er allerdings das Gutachten der Gemeindebaukommission einholen, die aus mindestens sieben Mitgliedern besteht, so sieht es das Landesraumordnungsgesetz aus dem Jahre 1997 vor – keine Kommission, keine Konzession.
Gibt es nach 60 Tagen keine Entscheidung, gelten laufende Anträge und Rekurse als angenommen: silenzio assenso, stillschweigende Zustimmung, wird dieses Prinzip im italienischen Verwaltungsrecht genannt.
Ein Prinzip, das in Südtirols Gemeinden in den vergangenen Wochen für Unruhe gesorgt hat. Beispiel Meran: Am 11. März entschied Bürgermeister Paul Rösch, die Sitzungen der Baukommission bis auf weiteres abzusagen. Auf der Webseite der Stadtgemeinde erklärte er aber auch: „Die gesetzlichen Vorschriften bringen die Gemeinde in eine Zwangslage.“ Röschs Befürchtung: Ohne Sitzungen könnten Dutzende Baukonzessionen ohne Gegenprüfung stillschweigend genehmigt werden, „mit entsprechenden Folgen für das Meraner Landschaftsbild und die Baukultur“.
Entwarnung kam von Röschs Generalsekretär Günther Bernhart. Das seit 17. März geltende Legislativdekret „Cura Italia“ sieht den Aufschub von Verwaltungsterminen vor, und auch in der Verordnung Nr. 13 von Landeshauptmann Arno Kompatscher steht: „In jedem Fall werden die Fristen der stillschweigenden Zustimmung beziehungsweise Ablehnung verlängert beziehungsweise aufgeschoben.“ Dies gilt vorerst für die Spanne zwischen 23. Februar und
15. April. „Diese Zeit wird nicht gezählt. So, als hätte es sie nie gegeben, als wäre sie tot“, erklärt Bernhart. Meran möchte auf die Aussetzung aber nur im Extremfall zurückgreifen. Die Baukommission tagt nun per Videokonferenz, „damit nach der Krise bald wieder gebaut werden kann“, sagt Bürgermeister Rösch. Vergangene Woche gab es die erste Sitzung, sie sei „gewöhnungsbedürftig“ gewesen, berichtet Rösch. Trotzdem habe sie gut geklappt. „Der Vorteil ist, jeder muss klar und prägnant sagen, was er will.“ Geht es nach Rösch, soll es künftig nur noch Videokonferenzen geben.
Auch der Gemeindenverband regt Videokonferenzen an. Verbandspräsident Andreas Schatzer schreibt auf ff-Nachfrage: „Die Baukommissionen sind trotz des Notstandes angehalten, die eingehenden Projekte zu überprüfen und zu bewerten.“ Offizielles Schreiben gibt es vom Gemeindenverband dazu aber keines.
Nicht verzögern soll sich auch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes für Raum und Landschaft am 1. Juli. Ein paar Punkte seien zwar noch nicht geklärt oder ausständig, aber man sei auf einem guten Weg, sagt Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer. Es wäre leichtfertig, das Gesetz wieder zu verschieben, nur, weil man nicht konsequent sein will, findet Kuenzer. Und auch sie meint, die Gemeinden müssten in dieser Situation neue Formen des Zusammentreffens suchen.
Während in Meran und auch anderen Gemeinden mit diesen Formen experimentiert wird, gibt es nicht in allen Kommunen die Voraussetzungen – das gilt für die Gemeinden selbst wie auch für die Mitglieder ihrer Baukommission. Sie setzen auf die aufgeschobene 60-Tage-Frist. In einigen Gemeinden wird sich die Erteilung von Konzessionen voraussichtlich verzögern – für wie lange, hängt von der Dauer der Krise ab.
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