Dass der Kinderfilm „Amelie rennt“ so viele Preise abräumt, hätten sich die Südtiroler Macher niemals erwartet. Besonders nicht mit einem Hauptdarsteller, der noch nie einen Spielfilm gedreht hat.
Wirtschaft
Mirkos Bar
Aus ff 21 vom Donnerstag, den 24. Mai 2018
Am Bozner Flughafen gibt es zwei Restaurationsbetriebe. Einer tut sich schwer, weil die Pacht hoch und die Öffnungszeiten lang sind. Der andere tut sich leicht – er wird von der Frau des Direktors betrieben.
Helene Niederstätter ist 65 und sieht immer noch blendend aus. Als ff sie in ihrer Bar am Bozner Flughafen besucht, steht sie gerade in der Küche und bereitet alles für Mittag vor. „Ich koche so, wie man gerne selbst isst“, verrät sie das Geheimnis ihres Erfolgs.
Ihr Lokal nennt sich „Bar Ristoro Aeroclub“ und ist eine Art Insidertipp in Bozen Süd. Viele fahren mittags hierher wegen des guten Essens und der entspannten Atmosphäre. Das Holzhaus und die Terrasse gleich neben der Landebahn wurden vor einigen Jahren schick hergerichtet, hier lässt es sich leben.
150 Meter entfernt beherbergt das Flughafengebäude eine weitere Bar. In der Abflughalle ist heute, es ist ein sonniger Tag im Mai, wenig los. Wie an den meisten anderen Tagen auch. Hinter dem Tresen steht Carmen Plaickner. Sie ist letztes Jahr 60 geworden und hat im März dieses Jahres die Bar übernommen.
Wie es läuft? „Jetzt am Anfang“, sagt sie, „ist es nicht so leicht.“ Aber sie ist zuversichtlich, dass es mit den Charterflügen im Sommer aufwärts geht. Zwei weitere Mitarbeiterinnen hat sie schon verpflichtet, derzeit arbeitet sie mit einem jungen Baristen und einem Koch, der das Mittagessen zubereitet.
Ein Flughafen ohne Linienflüge, zwei Restaurationsbetriebe. Kann das gut gehen? Das fragt sich auch der Freiheitliche Walter Blaas. In einer Landtagsanfrage wollte er wissen, wie die Bedingungen des Flughafenbetreibers ABD für die beiden Betriebe sind.
Die Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher lässt tief blicken. Sie ist ein Beleg dafür, wie am Flughafen jahrelang gearbeitet wurde – und immer noch gearbeitet wird.
Die Bar in der Abflughalle und ihre Pächterin Carmen Plaickner tun sich nicht ohne Grund schwer. ABD verlangt: eine Kaution von 6.000 Euro; einen Pachtzins von 1.000 Euro pro Monat plus Mehrwertsteuer; und Öffnungszeiten an sieben Tagen in der Woche von 5.30 bis 19 Uhr.
Die Konzession läuft von März 2018 bis Dezember 2018 – „mit der Möglichkeit auf Verlängerung bis zum 31.12.2020“. Das ist nicht gerade lang.
Die Bar neben der Landebahn und ihre Pächterin Helene Niederstätter tun sich dagegen leicht. ABD verlangt: 3.031,65 Euro Miete im Jahr. Das sind 250 Euro im Monat. Und sonst? Keine Auflagen.
Helene Niederstätter hat nicht um eine Konzession ansuchen müssen, sondern konnte einen Mietvertrag abschließen. Er läuft 40 Jahre lang – „mit einem Vorzugsrecht für weitere 30 Jahre“. Das ist ein Hammer.
Walter Blaas spricht von einem „verstörenden Fall“. Was dem Freiheitlichen besonders ins Auge fällt: Die Mieterin Helene Niederstätter ist die Ehefrau von Mirko Kopfsguter, Direktor des Flughafenbetreibers ABD.
Hat sie deswegen so gute Konditionen bekommen? „Natürlich nicht“, zeigt sich Niederstätter entrüstet von solcherlei Unterstellungen. Sie betreibt die Bar seit 1978, damals habe sie ihren späteren Mann Mirko Kopfsguter gar nicht gekannt.
Der wurde Anfang der Zweitausenderjahre Direktor, danach ereigneten sich rund um die Bar seiner Frau bemerkenswerte Vorgänge. Als im November 2005 ein Vertrag zwischen Land, Gemeinde Bozen, ABD, Flugbehörde und der Agetur für Demanialgüter (zuständig für das Staatseigentum) geschlossen wurde, rutschte ein Passus hinein, der in den vorherigen Entwürfen nicht vorgekommen war: Das Grundstück, auf dem die Bar steht, sollte unentgeltlich der ABD zufallen.
Wie der Bar-Passus in den Vertrag gekommen ist, weiß niemand so genau. Trotzdem ist ABD bis heute Eigentümer des Grundstücks, auf dem Helene Niederstätters Bar steht. Eine Ersitzungsklage, die Niederstätter angedroht hatte, bekam dadurch plötzlich mehr Gewicht. Denn Demanialgründe kann man nicht „ersitzen“, ABD-Gründe eigentlich auch nicht – aber wer weiß das schon so genau? Vor Gericht gibt es immer gewisse Risiken, einen Prozess zu verlieren, die der Flughafenbetreiber ABD offensichtlich nicht eingehen wollte.
2007 kam es daher „zu einer Einigung“: Niederstätter sah von einer Klage ab, dafür erhielt sie einen Mietvertrag für 40 Jahre – für eine Minimiete. Das ist für Helene Niederstätter eine tolle Sache. Sie kann die Bar bis an ihr Lebensende führen.
Von ff zu den Details der Sache befragt, sagt sie, sie wisse darüber nicht so gut Bescheid. „Aber gehen sie zu meinem Mann, der kennt sich da bestens aus. Sagen Sie ihm, dass ich Sie schicke, dann wird er Ihnen die Fakten erklären.“
Leider hat der ABD-Direktor aber keine Lust dazu. Vor Ort erklärt seine Sekretärin nach Rücksprache mit ihm, er sei nicht befugt, mit der Presse zu sprechen. Dafür ist neuerdings der ABD-Alleinverwalter Markus Kuntner zuständig.
Es wäre schön gewesen, von Mirko Kopfsguter zu erfahren, warum die Bar in der Abflughalle so rigide Konditionen hat – und warum die Bar seiner Frau gar keine hat.
Von „unlauterer Konkurrenz“ spricht der Freiheitliche Walter Blaas. Das hatte Folgen. Immer wieder wechselten die Pächter in der Bar im Flughafengebäude, das änderte sich erst mit Ivano Modena, der sie einige Jahre lang führte.
Im Februar dieses Jahres wurde die Führung der Bar neu ausgeschrieben. Modena bewarb sich erneut darum, wurde aber von Carmen Plaickner überboten. Die ehemalige Hotelierin aus Eppan führt die Bar nun, sie ist eine zuversichtliche Frau. Sie müsse nur ein bisschen Werbung machen, sagt sie, dann laufe der Betrieb. Das Essen sei ohnehin hervorragend, die Vorspeisen gebe es um 7 Euro. Dass derzeit nur wenige hier essen, versteht sie nicht so ganz. Und auch der Barbetrieb schwächelt ein wenig. Aber das seien eben die Anfangsschwierigkeiten.
Helene Niederstätter von der Bar nebenan braucht sich über solche Dinge nicht den Kopf zu zerbrechen. Sie schmeißt den Laden gemeinsam mit einer Mitarbeiterin aus Russland, der Betrieb brummt. „Ich bin sehr zufrieden, wie es läuft“, sagt sie.
Trotzdem sei es nun an der Zeit, jemanden zu suchen, der den Betrieb übernimmt. Sie ist nicht mehr die Jüngste, und es wäre schade, die Bar zuzumachen, sagt sie. Da trifft es sich gut, dass in ihrem Mietvertrag auch steht, dass sie den Betrieb an einen Dritten – oder eine Dritte – weitervermieten kann. Zu ihren eigenen Konditionen.
„Wir suchen jemanden“, gibt Helene Niederstätter unumwunden zu. Bisher sei sie aber noch nicht fündig geworden.
Weitere Artikel
-
Latex statt Charme
Operette – Die Csárdásfürstin: (mt) Das Haydn-Orchester beginnt unsicher, mit hörbaren Ungenauigkeiten, findet dann aber zu ...
-
Training für die Marke
500.000 Euro kostet der Aufenthalt der deutschen Fußballnationalmannschaft dem Land Südtirol. Wozu? Und braucht es das bei den Rekordzahlen im Tourismus?
Leserkommentare
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.