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Wirtschaft
Das Luxusbauernhotel
Aus ff 38 vom Donnerstag, den 20. September 2018
Der Hotelier Kurt Winkler hat in St. Lorenzen seinen Hof ausgesiedelt, weil aus diesem längst ein Hotel geworden war. Das Tolle daran: Der Neubau ist eine Art Urlaub auf dem Bauernhof für Betuchte.
Wie ein Schloss thront das Chalet Purmontes auf einem Hügel oberhalb von Montal. Ein „einzigartiges Luxus-Chalet“, heißt es auf der dazugehörigen Homepage – es ist das neue Glied der Hotelkette von Kurt Winkler. Man könnte auch von einem einzigartigen „Luxus-Bauernhof“ sprechen. Streng genommen handelt es sich nämlich um ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude samt Stall. Es ist dies eine der vielen wundersamen Geschichten, wie in diesem Land aus einem einfachen Bauernhof ein ausgeklügeltes touristisches Konstrukt gebastelt werden kann.
Eröffnet wurde das Chalet Anfang Juli mit Pomp und Pracht, auf dem roten Teppich tummelte sich die lokale Prominenz, Bürgermeister Martin Ausserdorfer und Hotelier Kurt Winkler schnitten das rote Band durch, Pfarrer Franz Künig gab dazu seinen Segen. Saxophonistinnen in Glitzerkleidern spielten auf dem dazugehörigen Naturbadeteich, das Buffet bot neben Regionalem auch Sushi.
Einige Wochen später empfängt Kurt Winkler dieses Magazin zu einem Gespräch. Allerdings nicht im neuen Chalet, sondern in einem kleinen Büroraum im Lanerhof, Winklers Stammhotel. Eine Führung durch das neue Gebäude gibt es auch nicht: Man wolle die Gäste nicht belästigen, so Winkler. Das Hotel Lanerhof liegt nur wenige Meter unterhalb des Chalets, ursprünglich war das Hotel ein Bauernhof. Gemäß Raumordnungsgesetz ist die Hotelkubatur gleichzeitig die Wohnkubatur des geschlossenen Hofes. Soll heißen, dass die ersten Hotelgäste mehr oder weniger von ihren Zimmern aus direkt in den Stall schauen konnten – sowie auch den sonstigen Hofbetrieb hautnah miterleben.
Aber weil das viele Gäste nicht so toll fanden, den Lärm und den Stallgeruch, stellte Kurt Winkler vor sechs Jahren einen Antrag auf eine Hofaussiedelung. Der damalige Bürgermeister Helmut Gräber lehnte das Projekt aber mehrmals ab, weil: Die Chalets seien zu groß, zu unpassend.
In der Folge wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, das Projekt laufend verkleinert, irgendwann schließlich genehmigte der neue Bürgermeister, Martin Ausserdorfer, den Bau des Chalets. Die entsprechende Baukonzession nennt sich „Verlegung der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes Lanerhof“. Sie wurde im Dorfblatt Lorenzner Bote im April dieses Jahres veröffentlicht.
Kurt Winkler ist ein selbstbewusster Mann. Er ist überzeugt, mit seinem Chalet etwas absolut Einmaliges geschaffen zu haben. Fünf Luxussuiten zwischen 80 und 130 Quadratmetern befinden sich in diesem, Winkler spricht trotzdem von einem „Bauernhof“. Schließlich hätte man „ohne Weiteres ein 90-Zimmer-Hotel aufstellen können“. Jedoch man habe sich „für etwas Kleines entschieden, das in die Natur passt“.
Für derlei allerdings hätte es einer Tourismuszone bedurft, aber das steht auf einem anderen Blatt. An Luxus fehlt es jedenfalls nicht: Jede Suite verfügt über einen Saunabereich sowie einen oder gar zwei Privatpools.
Stellt sich die Frage: Wo zum Teufel ist das Vieh auf diesem Bauernhof? Kurt Winkler sagt, dieses sei auf der Alm. Nur einige Pferde stehen im angrenzenden Stall. Familie Winkler will im Chalet eine Reitschule eröffnen. Die Chalet-Gäste können aber auch ihr eigenes Pferd mit in den Urlaub nehmen und es in Gastpferdeboxen unterstellen. Nach endgültigem Abschluss der Bauarbeiten, so Winkler, sollen im Herbst neben den Pferden auch Kühe, Hühner und Lamas in den Stall einziehen.
Im Gespräch mit ff proklamiert Winkler das Chalet Purmontes als „Urlaub auf dem Bauernhof.“ Auf der Internetseite der Hotelgruppe Winkler findet sich diese Bezeichnung jedoch nicht. Die neue Hofstelle befindet sich im landwirtschaftlichen Grün, dort darf nur „Urlaub auf dem Bauernhof“ durchgeführt werden – unter Beachtung des entsprechenden Landesgesetzes von 2008 (siehe Kasten). In diesem heißt es unter anderem, dass bei einem „Urlaub auf dem Bauernhof“-Betrieb die landwirtschaftliche Tätigkeit gegenüber der touristischen Tätigkeit überwiegen muss. Spricht man Kurt Winkler darauf an, winkt er ab und sagt: „Wir sind nach wie vor Vollerwerbsbauern.“
Ein Vollerwerbsbauer freilich, der die maximal zulässige Baumasse für seinen Hotelbauernhof ausgenützt hat. Nur ein knappes Drittel der Südtiroler Bauern sind überhaupt noch Vollerwerbsbauern und leben ausschließlich von der Landwirtschaft. Über 60 Prozent üben neben der Bewirtschaftung des Hofes noch eine andere Tätigkeit aus.
Es ist interessant, das besagte Landesgesetz noch einmal näher zu lesen, insbesondere im Hinblick auf Fälle wie den des Chalet Purmontes. Unter der Tätigkeit „Urlaub auf dem Bauernhof“, steht darin, verstehe man „die Bewirtung und Beherbergung von Gästen durch landwirtschaftliche Unternehmer durch die Nutzung des eigenen Betriebes in Verbindung mit der Bearbeitung des Grundes und der Viehwirtschaft“.
Kurt Winkler bezeichnet sein Chalet deshalb auch nicht als „klassischen Urlaub auf dem Bauernhof“. Es sei ein „Urlaub für die gehobene Gesellschaft“, ein „Hoferlebnis für die Wohlhabenden“, sagt Winkler.
„Beim klassischen Urlaub auf dem Bauernhof leben die Gäste gemeinsam mit der Familie am Hof, der Hausherr ist ständig präsent und zeigt den Kindern den Stall. Das wäre nichts für uns.“ Winklers persönliche Definition von einem Chalet ist „ein Zimmer mit ein bisschen Privatsphäre“.
Trotzdem. Man kann sich nicht seine eigenen Gesetze schreiben. Sagt auch Leo Tiefenthaler, der Obmann des Bauernbundes: „Es gibt nicht den klassischen oder nicht klassischen Urlaub auf dem Bauernhof. Entweder man betreibt Urlaub auf dem Bauernhof oder nicht.“ Neue Konzepte wie die von Kurt Winkler findet er bedenklich: „Der Urlaub auf dem Bauernhof soll für jene Bauern reserviert bleiben, die von der Landwirtschaft leben und für die die Ferienwohnungen ein Nebenverdienst sind.“
Die Vermarktung des Chalet Purmontes läuft über die Winkler-Hotels. Die Anlage wird von der GmbH geführt und verwaltet. Die Mitarbeiter sind ebenfalls dort gemeldet, sie werden von der Hotel-GmbH entlohnt und versichert.
Bürgermeister Martin Ausserdorfer sagt gegenüber ff, dass die Wohnungen des Chalet Purmontes an das Hotel verpachtet sind und somit steuerrechtlich über das Hotel laufen. Das Landesgesetz 7/2008 erwähnt er nicht. Klar, für „Urlaub auf dem Bauernhof“ muss als Erstes die zuständige Gemeinde die Kubatur genehmigen. Die Gemeinde muss aber auch die Einhaltung des Landesgesetzes für „Urlaub auf dem Bauernhof“ überwachen, kontrollieren – und gegebenenfalls auch bestrafen.
Rund 2.800 Betriebe bieten in Südtirol „Urlaub auf dem Bauernhof“ an. Circa 1.600 unterliegen als „Rote-Hahn-Betriebe“ der Betreuung des Bauernbundes. Bis 2008 wurden die Anträge für „Urlaub auf dem Bauernhof“ vom Landesverzeichnis geprüft, seit zehn Jahren obliegt es der Gemeinde, die Kubatur für „Urlaub auf dem Bauernhof“ zu vergeben und zu kontrollieren, ob der Betreiber die Kriterien einhält. Bei Nichteinhalten drohe eine Verwaltungsstrafe. Für Kurt Winkler, der selbst im Gemeinderat von St. Lorenzen sitzt, ist diese Kompetenzverlagerung sicherlich kein Nachteil. Hat die Gemeinde erst einmal grünes Licht gegeben, vergibt in einem zweiten Schritt das Amt für ländliches Bauwesen nach eingehender Betrachtung die Lizenz für „Urlaub auf dem Bauernhof“.
Beim Amt für Landwirtschaft habe Kurt Winkler bis dato aber noch nicht angesucht, heißt es dort auf Nachfrage. Daher seien auch keine Einstufungen gemacht worden, und Winkler habe keine Landesbeiträge erhalten. „Wahrscheinlich hat Winkler deshalb nicht angesucht, weil er weiß, dass er ganz sicher keine Beiträge bekommt“, sagt Martin Pazeller, Direktor der Landesabteilung Landwirtschaft.
Kurt Winkler sagt: „Einen Landesbeitrag für den Stall bekommen wir in einem sehr geringen Ausmaß von ungefähr 100.000 Euro.“
Ein negatives Gutachten gibt es bislang für die Reitanlage – ausgestellt vom Amt für Natur, Landschaft und Raumentwicklung. Abteilungsleiter Frank Weber hatte am 6. April 2018 die Hofstelle besichtigt, im Gutachten heißt es: „Die Verlegung der Hofstelle ist noch nicht vollzogen, zudem besteht derzeit kein Weidplatz, dessen Überdachung im Sinne von Artikel 108 des Landesraumordnungsgesetzes genehmigt werden kann.“
Winkler sagt, dass zum Zeitpunkt des Gutachtens der Bau des Reitplatzes noch nicht abgeschlossen gewesen sei und der notwendige Nachweis einer aktiven Pferdehaltung somit nicht erbracht werden konnte. Er hat jetzt einen Freiluft-Reitplatz gebaut.
Bürgermeister Ausserdorfer kann seine Freude über Projekte wie jenes des Chalet Purmontes nicht verhehlen. Schließlich, so sagt er, setze die Gemeinde auf „Qualität statt Quantität“. Irgendwelche „Dreisternebuden“ würden er und die Gemeinde sicher nicht genehmigen. Außerdem bringe Kurt Winkler ein hochpreisiges Publikum nach St. Lorenzen.
Fragt man Ausserdorfer, ob das Chalet denn nun ein klassischer „Urlaub auf dem Bauernhof“ sei, antwortet er: „Nein.“ Der klassische Urlaub auf dem Bauernhof sei sicherlich anders gedacht. Er könne es aber niemandem verbieten, einen Urlaub auf dem Bauernhof anzubieten, nur weil das Konzept zu luxuriös sei.
Der Bürgermeister kann nicht nur, er muss sogar kontrollieren. Die Kontrolle obliegt, wie oben erwähnt, der Gemeinde.
Das Chalet Purmontes läuft indes auf Hochbetrieb. Eine futuristische schwarze Stiege verbindet den Stall mit dem gläsernen Wirtschaftsgebäude, Lichtkugeln und Fackeln beleuchten nachts den Teich. So also kann er aussehen: der Bauernhof des 21. Jahrhunderts.
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Urlaub auf dem Bauernhof – das sagt das Landesgesetz (vom 19.9.2008, Nr. 7)
Wer in Südtirol Urlaub auf dem Bauernhof anbieten darf, ist genau geregelt. Der Landtag erließ dafür vor zehn Jahren ein eigenes Landesgesetz. Ziel des Gesetzes ist es laut Artikel 1, den Verbleib der Landwirte im ländlichen Raum zu fördern sowie heimische Produkte und das ortsgebundene Brauchtum aufzuwerten. Den Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betrieb (UADB) müssen „vorwiegend der landwirtschaftliche Unternehmer und seine Familienangehörigen“ führen (Artikel 2). Interessant ist Artikel 3: Dort wird festgehalten, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit gegenüber dem UADB „in jedem Fall“ überwiegen muss. Allerdings gilt die landwirtschaftliche Tätigkeit auf jeden Fall als überwiegend, „wenn die Beherbergungs- und Schanktätigkeit jeweils nicht mehr als 10 Betten bzw. nicht mehr als 10 Sitzplätze umfasst“.
Laut Artikel 12 ist die Verwendung der Bezeichnung „Urlaub auf dem
Bauernhof“ ausschließlich landwirtschaftlichen Betrieben vorbehalten,
die die Tätigkeit gemäß vorliegendem Gesetz ausüben.
Das Imperium der Familie Winkler
Sporthotel Winkler in Stefansdorf – St. Lorenzen
4 Sterne, 85 Zimmer
Hotel Sonnenhof in Pfalzen
4 Sterne, 50 Zimmer
Hotel Lanerhof in Montal – St. Lorenzen
4 Sterne, 80 Zimmer
Chalet Purmontes in Montal – St. Lorenzen
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