Pferderennplatz Meran: (avg) Es war einer der letzten Beschlüsse der Landesregierung vor der Landtagswahl, und er flog, verglichen ...
Außensicht
Landtag und -nacht: Wölfe und Schäfchen
Aus ff 43 vom Donnerstag, den 26. Oktober 2023
Als ich am Sonntag ins Bett hüpfte, dachte ich zum Einschlafen kurz über den Morgen nach, der mich erwartete. Ich stellte mir den traurigen Philipp vor, die Augen müde vom Prozente-Zählen, wie er das Ergebnis „in Demut“ annimmt. Und den seligen Jürgen, die Augen müde vom Hochprozentigen, wie er seinen Sieg über die Corona-Verbrecher feiert. Alle politischen Schäfchen hüpften vor meinem inneren Auge über den Zaun. Ich zählte: einen stolzen Sven, eine flauschige Foppa, einen tollkühnen Thommy und seine vielen Schimpfwörter – ein arschloch, zwei arschloch, drei a… Dann schlummerte ich weg.
Am nächsten Morgen war ich früh wach, um nach meinen Schäfchen zu sehen. War die Herde noch ganz? Hatten die Wölfe schon übernommen? Es war kein schöner Anblick. Zerfleddert und geschunden lagen Volkspartei und Freiheitliche auf der Alm, die italienischen Pecore waren verschwunden und sogar die Grünen Wiederkäuer mussten sich immer wieder selbst daran erinnern, dass sie ja eigentlich überlebt hatten: Entwarnung, alle drei noch da! Stimmt ja, aber warum fühlt es sich trotzdem so belämmert an?
Viel wurde zuletzt über Sicherheit geredet, dabei war kein öffentlicher Raum so schutzlos wie unsere Demokratie. Mit Wirth Anderlan sitzt demnächst ein Mann im Landtag, der „die Hälfte der Gesetze“ abschaffen will, aber noch nicht weiß, welche. Mit Holzeisen eine Frau, die sich von deutschen Schwurblern zur „Justizministerin“ wählen ließ. Auf Thommys Liste fand sich ein Kandidat, der dazu aufrief, Klimaaktivisten zu verprügeln.
Ich gebe zu, ich schlafe seit Montag schlechter, egal wie viele Schäfchen ich zähle. Nicht vor Rechten muss man Angst haben, sondern davor, dass eine ganze Generation von Politikern die falschen Lektionen lernt. Sven Knoll erfand vor dem Urnengang noch einen Kreuzskandal in Prader Schulklassen – und wurde zum großen Wahlgewinner. Ulli Mair, die Wahlverliererin, ärgert sich, dass sie in den letzten Wochen viel „zu sachlich“ war. Wird bestimmt nicht wieder vorkommen, die Wölfe sind zurück! Irgendwie mochte ich es lieber, als sie sich noch als Schafe verkleideten.
von Anton Rainer | Redakteur im Ressort Wirtschaft beim Spiegel in Hamburg
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