Giacomo Fornari, scheidendender Direktor des Musikkonservatoriums, hat eine Vision: Er möchte Brixen zu einer zweiten Mozart-Stadt machen.
Außensicht
Kommunikation: Wart’s ab
Aus ff 47 vom Donnerstag, den 23. November 2023
Manche Leute bekommen das kalte Grausen bei Horrorfilmen, andere bei Krabbelgetier. Mich schüttelt’s, wenn ich auf Whatsapp eine knappe, präzise Frage stelle („Wie spät treffen wir uns heute?“, „Welche Seite im Mathebuch ist Hausaufgabe?“, „Ist mein Schirm in deinem Auto?“), auf die ich mir eine ebensolche Antwort erhoffe, dann aber in der Kopfzeile lesen muss: „XX nimmt Audio auf“. Verlässt einen da nicht der Lebensmut? Anstatt die gewünschte Information tippend zu übermitteln
(„19 Uhr“, „S. 73“, „ja, du Schussel“) ziehen es manche Menschen vor, die Auskunft in einen mehrminütigen Laberflash zu verpacken. Whatsapp wird so zu Wart’s ab: Man ist gezwungen, sich mit Geschwindigkeit 1,5 durch einen ja gar nicht verlangten Bericht über Tagesverfassung, momentane Tätigkeit, die Verdauung des Hundes zu hören, bis endlich unter all der Schwatzhaftigkeit die benötigte Info auftaucht, wie ein Edelstein im Misthaufen.
Zwei, drei Leute in meiner Kontaktliste dürfen das, sie reden viel, sie sind unterhaltsam, sich nur kurz zu etwas zu äußern, ist für sie eine physiologische Unmöglichkeit. Aber halb Fremde, die nichts dabei finden, einem einen mehrminütigen Monolog unterzujubeln, für ein Telefonat, in dem man zumindest bremsend einwirken könnte, hingegen angeblich keine Zeit finden: Das läuft dann fast schon unter psychologischer Kriegsführung. Ich ahne ja, woher das rührt: So ausschweifend ich in meinen Texten bin, so wortkarg sind meine Textnachrichten: Mein Repertoire geht dort über „Wie geht’s?“, „ja“, „nein“ und eine Handvoll Emojis nicht hinaus, und ich finde, das reicht auch: Für Ausführlicheres gibt es Anrufe oder, ganz altmodisch, Treffen von Angesicht zu Angesicht.
Der Drang zur Audionachricht könnte also eine passiv-aggressive Retourkutsche auf meine knapp an der Unhöflichkeit vorbeischrammende Einsilbigkeit sein. Oder doch Rechtschreibschwäche, die pure Bequemlichkeit gar? Wie dem auch sei, ich höre mir die Dinger einfach nicht mehr an. Würde ich gern sagen. Aber zuletzt gewinnt meist die Hoffnung auf wichtige Neuigkeiten. Und dann war es doch wieder nur die Verdauung vom Hund.
von Alexandra Kienzl | Kolumnistin, Englisch-Lehrerin und ehemalige ff-Redakteurin
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