Außensicht

Zweifelhafte Spenden: Sag an, Herr Klingelbeutel!

Aus ff 48 vom Donnerstag, den 30. November 2023

Helfen – ich wiederhole mich – helfen hilft am meisten den Helfern. Ist eine zynische Aussage, gewiss, deshalb sage ich heute dazu: hoffentlich! Hoffentlich hilft es wenigstens denen. Der böse Gedanke kam mir neulich beim Fernsehen. Caritas-Sonntag war, und die einschlägige Kirchensammlung war den alten Menschen im Land gewidmet. Rai Südtirol hatte den ganzen Tag für das Anliegen geworben und zu den Abendnachrichten hat es sein TV-Team an einen Tatort geschickt. Diesmal nach St. Walburg in Ulten, was praktisch war, weil die Reporterin dort außer die bittende Caritas-Präsidentin gleich auch das Spendervolk vor die Kamera bekam.

Frau Mairhofer, früher Bürgermeisterin dort, sprach von der Not vieler älterer Menschen, auch im reichen Südtirol, und während sie so sprach, kamen die Messbesucher aus der Kirche heraus. Durchwegs alte Menschen. Dieselben alten Menschen, die man im Filmbericht vorher in den Kirchbänken sah, wie sie ihre Pfennige „für alte Menschen“ in den Klingelbeutel, den ein ebenfalls alter Mann ihnen am langen Stiel dankend hinhielt, fallen ließen.

Bin ich ganz verdorben, wenn mir dabei die Frage durch den Kopf schoss: Spenden diese guten Menschen für sich selber oder allenfalls für Menschen wie sie? Bliebe ihnen da das Geld nicht besser gleich belassen? Eine sinnvolle „Umverteilung“ von Reicheren zu Ärmeren ist hier nicht erkennbar. Die kirchliche Obrigkeit, und auch die Caritas selber, übersehen offenbar den demografischen Wandel im kirchengehenden Volke. Sie nehmen von denen, die selber kriegen müssten.

Kirchenbesucher, und -besucherinnen noch mehr, sind durch die Bank gebefreudige Menschen. Sie sagen dem Klingelbeutelgeher ungern nein. Deshalb, der Kirchenbesuch darf nicht eintrittspflichtig werden. Und mancher Spendenzweck ist ohnehin fragwürdig. In italienischen Pfarreien wird für die Università Cattolica in Mailand gesammelt. Bei uns fürs Vinzentinum. Den „Peterspfennig“ für den Vatikan – Walther von der Vogelweide sei’s geklagt! – gibt’s auch noch.

von Florian Kronbichler | Journalist, ehemaliger Chefredakteur der ff

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