Menschen lieben Geschichten. Wir sind alle „story animals“. Eine gut erzählte Geschichte ist wie eine kleine Reise, auf die man mitgenommen wird. ...
Außensicht
Ernährung ohne Fleisch: Isch jo Wurst, ess mor an Kas!
Aus ff 25 vom Donnerstag, den 20. Juni 2024
Als ich vor etwa einem Monat beschloss, es mit fleischloser Ernährung zu probieren, erging es mir wie manchmal mit dieser Kolumne. Ich hätte nie mit so vielen, teilweise recht heftigen Reaktionen gerechnet. Dabei hatte ich den Ball extra flach halten wollen, um nicht als militante, komplizierte Grünzeugfresserin missverstanden zu werden. Nein, Flexitarismus erschien mir aus ethischen und ökologischen Gründen ein vernünftiger Trend, auf den es sich im Jahr 2024 durchaus mal aufzuspringen lohnt, dachte ich. Und das, ohne die Umwelt groß darüber zu informieren, es auf Social Media in die Welt zu posaunen oder gar im Restaurant als Erstes nach den vegetarischen Optionen zu fragen – die hier wie andernorts erfahrungsgemäß dürftig ausfallen, aber frei nach Humphrey Bogart: We’ll always have Schlutzkrapfen.
Wie wenig ich mir der Tatsache bewusst war, dass eine derartige Entscheidung in einem Land, wo das Weiße vom Speck fast schon religiös mitgegessen wird und bereits Kleinkinder auf „Wurschtelen“ und „Schnitzeler“ geeicht werden, einen Rattenschwanz an Fragen aufwirft! Ob ich denn nun komplett spinne, was das für ein neumodisches Zeug sei, ob ich nun auch keine Eier oder Milch zu mir nehme und ob Lamm eigentlich auch Fleisch sei. Was der Mann dazu sage (nix), was der Sohn (der findet das toll) und ob man mit mir jetzt schon noch ins Gasthaus gehen könne.
von Bettina Conci | Schreibt Kolumnen, Kurzgeschichten, Kindgerechtes und Kontroverses
Damit niemand auf die Idee kommt, ich sei dem Gesundheitswahn völlig verfallen, rauchte ich (seit zehn Jahren erfolgreiche Nichtraucherin) panisch gleich mal ein paar Zigaretten, ließ das aber sofort wieder bleiben. Ist doch meine Sache, dachte ich trotzig und nur ein bisschen verunsichert, weil mir schon vor den spöttischen Kommentaren graute, sobald ich das erste Mal höflichkeitshalber einen Knödel oder Fleischsuppe kosten würde.
Ursprünglich hatte ich nämlich gar nicht vor, das Ganze konsequent durchzuziehen. Die besagten Kommentare haben mich aber dermaßen bestärkt, dass ich es nun echt mal versuche.
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