Außensicht

Politische Schützen: Wie schießt ihr schlecht! 

Aus ff 34 vom Donnerstag, den 22. August 2024

Ich hielt den Schützenbund im Grunde schon immer für einen friedensstiftenden Verein. Orte, an denen erwachsene Männer sich kostümieren und mit Spielzeugwaffen hantieren dürfen, sind in unserer modernen Post-Karl-May-Gesellschaft rar gesät – Cowboys gecancelt, Feuerwerk verboten, die Naia abgeschafft – dabei braucht jeder Mann so dringend Gruppen, in denen es hin und wieder kracht.

Der Knall in ihm muss Heimat finden und diese Heimat ist die Kompanie. Vereine, in denen sich Männer gegenseitig ihrer Wichtigkeit versichern, Orden verleihen und Salven schießen, halten eine Gesellschaft zusammen, denn sie sind gelebte Präventionsarbeit. Anders gesagt: Ein Mann ohne Bling-Bling und Peng-Peng macht bald Klick-Klick in der Facebook-Kommentarhölle, wer nicht rumballern darf, reagiert sich anders ab. Wollen wir das? Ich will es nicht und die Schützen wollten es auch nie: Hier bekamen männliche Egos stets einen geschützten Raum zur Entfaltung.

Umso mehr grämt mich, dass der Schützenbund das Schießen seit Jahren zunehmend verkompliziert. Das begann schon 2017, als niemand für den Staatspräsidenten schießen durfte, weil die „walsche“ Hymne nicht passte. Zwei Jahre später gab es wieder eine Ehrensalve, 2022 wieder nicht – und der abgesetzte Landeskommandant Jürgen Wirth Anderlan erklärte in der Zeitung, er würde zwar für einen walschen Minister, aber niemals für Arno Kompatscher böllern. Hä? Was sollte das? Vor ein paar Tagen las ich schließlich bei Salto.bz folgenden niederschmetternden Satz von JWAs Nachfolger: „Im Unterschied zu den Schützen in Nord- und Osttirol und Bayern schießen wir für keinen Politiker.“ Für keinen?!

Ich bitte euch, liebe Schützen, diese Platzpatronen-­Dogmatik führt euch noch ins Verderben. Ein Schützenbund, der aufgrund politischer Korrektheit eine Schießhemmung entwickelt, könnte genauso gut Lego-Städte bauen (oder was Männer sonst so tun) – es braucht ihn doch dringend zur Triebabfuhr! Bitte, Mander, lasst es tuschen! Und wenn ihr auf mich nicht hört, dann zumindest auf Andreas Hofer. Der Mann ließ nicht nur für Staatsgäste schießen, sondern sogar auf sie.

von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg

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