Donald Trump ist nicht nur zurück, er ist populärer denn je. Für viele ein Schock. Auch in Südtirol fragt man sich: Was rollt da auf uns zu?
Außensicht
Südtirols Trump-Fans: Rote Mützen
Aus ff 46 vom Donnerstag, den 14. November 2024
Am Mittwochabend vergangener Woche, im Oligarchen-Palast von Mar-A-Lago, Florida, saß Donald Trump hinter einem massiven Holzschreibtisch und war sauer. Er schürzte seine Präsidentenlippen, schüttelte sein Präsidentenhaar, spuckte Präsidentenspucke auf einen Globus und blickte so grimmig zu seiner obersten Beraterin, wie es nur verurteilte Straftäter können. Sie lächelte nervös. „Aber Sir, haben Sie nicht gerade die Wahl gewonnen?“ Trump stieß Luft aus seiner Nase. Das hatte er natürlich, gegen alle Widerstände und Prognosen, nur zufrieden war er nicht. „Wo zur Hölle sind meine Gratulanten?“
Sofort begann im Palast ein emsiges Treiben, man kramte nach E-Mails, Tweets, Postkarten. „Here!“, rief einer, „Macron, Scholz, Biden, die Loser haben gratuliert!“ Trump verzog sein Gesicht: alles Waschlappen. Der Nächste: „Ein Telegramm von Putin! Ein Bitcoin von Elon Musk!“ Doch Trumps orangener Kopf wurde röter und röter: „Diese Leute seh’ ich doch jeden Tag!“ Da meldete sich plötzlich ein Praktikant aus der hintersten Ecke des Raumes, langsam hob er seine rechte Hand und zeigte mit der linken auf ein Instagram-Profil: „Mr. President, do you know Otto Mahlknecht from the Southtyroler Freiheitlichen?“
Augenblicklich hellte sich Trumps Gesicht auf. „What?“, strahlte er, „Otto hat mir gratuliert??“ Ja, hatte er, und mehr als das: Mit roter Mütze und LED-Beleuchtung grinste er in die Kamera und jubelte über den „sensationellen, großartigen Sieg“ seines amerikanischen Vorbilds – „Go Trump!“
Gab es gar noch mehr Südtiroler Freunde? „Of course, Mr. President“, der Praktikant sprang jetzt auf von seinem Stuhl, Mrs. Renate Wood-Iron zum Beispiel, und Michaela White-Flower! „Sie alle gratulieren von Herzen!“
Trumps Tag war gerettet, er lachte, schrie jetzt sogar vor Freude über die Gunst dieser Weltpolitiker – zum Erstaunen seiner Chef-Beraterin. „Aber Mr. Trump“, sagte sie, „sind das nicht völlig unwichtige Provinz-Verrückte, die ihre lange Zunge zum Stiefellecken über den Atlantik strecken?“ Trump lachte, sie hatte gar nichts verstanden. „America first“, flüsterte er. „Aber Southtyrol second.“
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
Weitere Artikel
-
Roland Benedikter: Was rollt mit Donald Trump auf uns zu?
Der Politikwissenschaftler Roland Benedikter analysiert den deutlichen Sieg von Donald Trump und die Auswirkungen auf Europa
-
Aus dem Windschatten
Die Biathletinnen Hannah Auchentaller und Rebecca Passler sind jung und ambitioniert. Sie sollen in die Fußstapfen von Dorothea Wierer treten. Ein Gespräch über Druck, Olympia und das Leben als Spitzensportlerinnen.
Leserkommentare
Kommentieren
Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.