Außensicht

Adventszeit: Kalender-Koller

Es ist wieder so weit: Die Adventszeit ist da und mit ihr die alljährliche Falle, in die ich immer wieder tappe – der selbst gebastelte Adventskalender. Es beginnt ganz harmlos, mit einer netten Idee im Kopf: Dieses Jahr soll es etwas Besonderes sein, etwas Persönliches, etwas Selbstgemachtes. Kein langweiliger Schokoladekalender aus dem Supermarkt, nein. Meine Liebsten brauchen etwas Einzigartiges, Handgemachtes. Was habe ich nicht schon alles ausprobiert: genäht, geklebt, geschnipselt und gebastelt – vom Socken- bis zum schwarz-weißen Juve-Kalender war alles dabei. Und jedes Mal derselbe Druck: Der Adventskalender muss noch besonderer werden als letztes Jahr.

Schon geht’s los. Erst mal stundenlang auf Pinterest stöbern, bis die passende Idee gefunden ist. Dann das Material besorgen: Was nicht im Haus ist, muss natürlich gekauft werden. Und wer denkt, Selbstgebasteltes sei günstiger, hat wohl noch nie im Bastelgeschäft einen Haufen bunter Papiere, Schnüre und Schön-Schreib-Stifte gekauft. Zu Hause angekommen, stellt sich die Frage: Wo soll das alles gelagert werden? Auf dem Tisch? Der Couch? Oder direkt auf dem Boden?

Dann folgt der eigentliche Akt: Schneiden, Kleben, Zeichnen, Nähen – manchmal alles auf einmal. Die Fingerspitzen sind voller Kleber, das Wohnzimmer sieht aus, als wäre eine Bastel-Bombe explodiert, und ich frage mich: Warum tue ich mir das eigentlich jedes Jahr wieder an? Aber dann, wenn ich die 24 kleinen Überraschungen liebevoll gefüllt und verpackt habe – mit Gutscheinen, Rätseln, kleinen Alltagsgegenständen oder Süßigkeiten – bin ich fast ein bisschen stolz.

Fast. Denn der wahre Test steht noch bevor: die Reaktion der Beschenkten. Natürlich freuen sie sich immer. Aber manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass ein gekaufter Kalender mit Schokolade genauso gut angekommen wäre. Weniger Stress und obendrein einfacher. Sicher, der Gedanke zählt. Aber der Gedanke an weniger Bastelchaos und mehr entspannte Vorweihnachtszeit gefällt mir mittlerweile so gut, dass ich ihn mir merken werde. Fürs nächste Jahr ...

von Karin Köhl | Nachrichtenredakteurin beim Südtirol Journal und freie Journalistin

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