Außensicht

Plakate des Heimatbunds: Freedom fighter

Aus ff 50 vom Donnerstag, den 12. Dezember 2024

Helden in Actionfilmen müssen sich nur an wenige Regeln halten, aber diese wenigen sind zentral. Erstens: Blicke düster, schweige viel. Zweitens: Wende Gewalt an, weil dir die böse Welt keine andere Wahl lässt. Und drittens: Schau niemals auf eine Explosion, die du selbst gezündet hast – dreh dich um und lauf stoisch Richtung Kamera. Nur so wird der Mensch zum Heroen: Nichts kann ihn erschüttern, schon gar nicht ein bisschen Bumms.

Viele Jacks, Johns und andere Einsilber haben auf diese Gesetze Karrieren gebaut. Sie schwitzten sich über Leinwände und schubsten Bösewichte vom Wolkenkratzer, während hinter ihnen Feuerstürme tobten. Seit einigen Wochen hat auch Südtirol seinen eigenen Draufgänger: Nicht John, nicht Jack, sondern Sepp Kerschbaumer heißt er, und auf den Plakaten, die ihn landesweit anpreisen, befolgt er alle Regeln des Genres. Sein Blick ist fest, sein Wille stark und hinter ihm explodiert stilgerecht ein Strommast. Ehrt man so einen Freiheitskämpfer, gefoltert und gestorben vor 60 Jahren? Oder verherrlicht man einen Terroristen?

Weder noch, Heimat- und Schützenbund haben vielmehr bei Marvels Superhelden gelernt: Die „Freedom Fighters“ werden nicht betrauert, sondern als Franchise vermarktet. Zu sehen ist das etwa im Online-Shop der Süd-Tiroler Freiheit. Super-Sepp, breitbeinig vor den „Helden der Heimat“, wie die Partei schreibt, „im Stile der Filmplakate in Jugendzeitschriften“. Oder kindgerecht lächelnd vom Tiroler Merkheft 2025. Für die Zukunft könnte man sich ein erweitertes BAS Cinematic Universe vorstellen: Georg Klotz mit Trachten-Cape etwa, oder ein Spin-off mit den Fantastic Pustrer Boys: „Yippee-ki-yay, motherwalscher!“

Tatsächlich unterscheiden sich Südtirols Patrioten am Ende nicht großartig von den Explosionen, die sie ehren: Hauptsache Krach und Flurschäden. Wenn dein einziges Werkzeug eine Bombe ist, ist jedes Problem ein Strommast. Eine Regel aber sollten die Heldenmacher im Kopf behalten: Man kann „Freiheitskämpfer“ posthum zu Maskottchen machen, zu Wahlkampfhelfern und Testimonials. An einen Menschen aber erinnert man so nicht – eher an eine Karikatur.

von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg

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